Kolumne

"SAP-Portal soll Konkurrenz gefügig machen"

13.04.2001
Martin Ottomeier Redakteur CW

Rund 400 Millionen Dollar in bar für Toptier, eine Umsatzbeteiligung für Yahoo an gemeinsamen Portalgeschäften - SAP investiert viel Geld in sein neues Aktionsfeld. Dabei geht es SAP-Chef Hasso Plattner vermutlich nicht nur darum, zusätzliche Produkte auf den Markt zu bringen oder das angestaubte Image des ERP-Pioniers aufzumöbeln. Viel wichtiger ist, dass sich SAP die Hoheit über die unternehmensinternen Geschäftsprozesse sichert.

Unter den ERP-Anbietern glaubt nur noch Oracle, alles allein aus einer Hand bieten zu können. Die anderen Player haben schon lange eingesehen, dass sie Kooperationen mit Spezialanbietern eingehen und Drittprodukte integrieren müssen. Siebel erzielte im letzten Geschäftsjahr einen Umsatz von 1,8 Milliarden Dollar - fast ein Drittel so viel wie SAP - nur mit Software für das Kunden-Management. Aber auch um Softwareanbieter wie i2 und Commerce One, Ariba und Oracle kommt SAP nicht mehr herum.

Die Technologie von Toptier bietet eine elegante Methode, diese Anwendungen auf Benutzerebene zu integrieren. Zum Beispiel kann ein Objekt "Kunde" wie bei Windows mit der Maus angeklickt und auf die Komponente für Bestellungen oder für Business Intelligence gezogen werden, und automatisch startet die jeweilige Anwendung im entsprechenden Kontext. Unterhalb des SAP-Frontend-Portals, dem "Mysap Workplace", lassen sich also beliebige Programme mit Spezialaufgaben einbinden - den Workflow und die Integration kontrolliert aber das Portal und damit SAP.

Wenn es den Walldorfern auf diese Weise gelingt, mit dem neuen Produkt die Oberhoheit über den Desktop zu gewinnen, und es spricht vieles dafür, dann müssen sich die anderen Anbieter künftig nach SAP-Standards richten. Die Walldorfer können zwar Kunden nicht mehr auf ihre eigene Software zwingen, aber ein florierendes Geschäft als technischer Integrator aufziehen. Die vielfach bemühte Analogie zum Automobilhersteller verdeutlicht dies. SAP fertigt die Software wie Daimler-Chrysler ein Auto nicht mehr bis in die letzten Komponenten hinein selbst. Aber den Zulieferern werden sehr detaillierte Vorgaben gemacht, wie sie ihre Komponenten zu produzieren haben.

Auch eine IT-Analogie bietet sich an: Das SAP-Portal erfüllt die gleiche Aufgabe wie Windows. Nur wer sich an die Microsoft-Standards hält, kann Software für das marktbeherrschende Desktop-Betriebssystem herstellen. Und Microsoft verdient gut an seinen Schulungs- und Lizenzierungsprogrammen. Darüber hinaus haben die Redmonder in der Vergangenheit oft genug demonstriert, wie man durch geschickte technische Tricks unliebsamen Mitbewerbern das Leben so schwer machen kann, dass deren Software praktisch keine Chance am Markt hat. Bleibt zu hoffen, dass Hasso Plattner von Bill Gates nicht zu viel gelernt hat - den Anwendern gereichte Microsofts Monopol oft nicht zum Vorteil.