Computerwoche-Serie

SAP-Migration Teil 2: Neun Regeln für den SAP-Wechsel

08.11.2007
Von Thomas Fellger

Am Standard orientieren

Der von SAP eingeschlagene Weg, wie künftig mit Modifikationen umgegangen wird, folgt strikt der Strategie, Änderungen am Standard Release-fähig zu halten. Zwar werden User Exits und die klassischen BAdls zunächst weiter unterstützt. In der Regel bietet es sich für die Firmen aber an, mit dem Umstieg die Chance zur Rückführung ihrer Veränderungen und Modifikationen in den Standard zu ergreifen.

SAP-Upgrade der Umstieg

  • Downtime frühzeitig bekannt geben und Puffer beantragen (zum Beispiel Freitagnachmittag, Brückentag etc.).

  • Services der SAP nutzen.

  • Finaler Abnahmetest und Freigabe durch Key User.

  • Erreichbarkeit von Entscheidern am Wochenende sichern, zum Beispiel bei Problemsituationen wie der Entscheidung über das Go Live oder Rücksicherung.

  • Nach dem Release-Wechsel: System mit altem Release-Stand für begrenzten Zeitraum installieren.

  • Genügend Supportressourcen für Fragen der Anwender zur Verfügung stellen.

  • Optimierung / Neujustierung von Datenbank- und Systemparametern.

  • Performance-Optimierung.

Die damit anfallende Arbeit darf indes nicht unterschätzt werden, weil gerade an dieser Stelle die Tücke im technischen Detail liegt. Wie gewohnt liefert SAP ein umfangreiches Informationsangebot an Checklisten und technischen Release-Notes, die bei konkreten Problemen schnell zu einem wahren "Hinweis-Hindernislauf" führen.

Zusatzaufgaben einplanen

Zwei Aspekte geben dem SAP-ERP-6.0-Upgrade ein besonderes Gesicht: die Einführung des "SAP Solution Managers" und die Unicode-Umstellung. Wer in seinem SAP-System mehrere Zeichensätze verarbeiten muss, sollte insbesondere den Umstieg auf Unicode nicht hinauszögern. Denn die bislang von SAP gebotenen Lösungsansätze Blended-Codepage-Systeme und Multiple Display Multiple Processing (MDMP) werden in dem neuen Release zwar noch unterstützt. Dies geschieht aber in einem eher geduldeten Modus. SAP übernimmt folglich bei Problemen keine Verantwortung. Die Migration hier haben wir es wirklich mit einer Migration zu tun ist noch aus einem weiteren Grund empfehlenswert: Da es im Rahmen der Upgrade-Vorbereitung ohnehin notwendig wird, die eigene SAP-Umgebung grundlegend unter die Lupe zu nehmen, lassen sich die in-folge der Unicode-Einführung erforderlichen Anpassungen quasi gleich mit analysieren und mit den Upgrade-Arbeiten kombinieren. Ein solches abgestimmtes Vorgehen besitzt den Vorteil, dass nur ein einmaliger Testaufwand anfällt.

SAP-Upgrade die Ressourcen

  • SAP ERP 6.0:

  • Hauptspeicher: Steigerung zirka zehn bis 20 Prozent.

  • CPU: Steigerung zirka zehn bis 20 Prozent.

  • Datenbank: Steigerung zirka 30 GB.

  • Unicode-Umstellung:

  • Hauptspeicher: Steigerung zirka 50 Prozent.

  • CPU: Steigerung zirka zehn bis 20 Prozent.

  • Datenbank: Steigerung zirka 30 Prozent (abhängig vom DB-System).

Die Einführung des SAP Solution Managers ist wiederum ratsam, da das Tool künftig als einzige Instanz für den Bezug von Wartungs-Updates dient. Mitarbeiter im SAP-Betrieb sollten sich insbesondere mit der Maintenance-Optimizer-Funktion des Werkzeugs vertraut machen, die einen zentralen Zugang zu allen Aktivitäten im Rahmen des Software-Lifecycles (insbesondere des Software-Updates) bietet. Der Ausbau des Werkzeugs mit Administrationsfunktionen wie beispielsweise Root-Cause-Analyse, Performance-Monitoring oder Help/Service-Desk lässt sich für einen späteren Zeitpunkt vorsehen. Allerdings verlangt der Einsatz des Solution Managers, dessen Bezug über die Softwarelizenz abgedeckt ist, für den Betrieb einen eigenen SAP Netweaver Application Server.

Externe Ressourcen berücksichtigen

Das Projekt lässt sich nach den bewährten Upgrade-Roadmaps organisieren. In seinen prinzipiellen Risiken weist das Upgrade-Vorhaben keine Eigenarten auf. Die Budget-, Ressourcen- und Terminplanung müssen mit der geforderten Sorgfalt in Angriff genommen werden. Auf der technischen Seite müssen die Anwender dafür Vorsorge treffen, dass die Infrastrukturvoraussetzungen für das neue Release fristgerecht bereitstehen. Ansonsten sind neben den produktiven Modulen die Anzahl der Modifikationen und Eigenentwicklungen die eigentlichen Aufwands- beziehungsweise Komplexitätstreiber für den Release-Wechsel. Dabei sollte der Einsatz externer Spezialisten frühzeitig geplant werden, falls er erforderlich ist. Schließlich laufen Upgrades typischerweise nur alle drei bis fünf Jahre. Die Mitarbeiter eines Unternehmens verfügen deshalb bestenfalls über punktuelle Kenntnisse der technischen Details.

Fachbereiche früh einbeziehen

Es empfiehlt sich, die Fachbereiche frühzeitig in die Planung der Testphase einzubinden. Wenn die Key User der Fachabteilung zu spät mittesten, werden vielleicht erst kurz vor der Schlussabnahme Fehler entdeckt. Es bleibt dann kaum noch Zeit, diese zu beheben.

In der Regel sind die Änderungen, auf die sich ein Endanwender bei SAP ERP 6.0 einstellen muss, äußerst gering. Falls das Upgrade wie beschrieben eher technischer oder funktionaler Natur ist, wird seine tägliche Arbeit davon kaum berührt. Anders als bei früheren Wechseln beispielsweise auf R/3 4.6B und höher muss er sich nicht mit einer neuen Oberfläche vertraut machen. Einzig der Blauton ist neu im Erscheinungsbild.

Diese Ruhe wird auf Dauer sicher keinen Bestand haben. Denn schließlich schaffen sich die Unternehmen mit dem neuen Release eine langfristige Wartungssicherheit (Mainstream Maintenance bis 2013, Extended Maintenance bis 2016). Da mit dem Release-Wechsel das SAP-System zugleich technisch bereinigt und optimiert wird, sind die Voraussetzungen geschaffen, darüber hinaus anwendungsbezogene strategische Updates ins Auge zu fassen. (ba)