SAP-Lizenzmodelle versagen bei indirektem Zugriff

28.05.2003
Von 
Vice President Software & SaaS Markets PAC Germany
MÜNCHEN (COMPUTERWOCHE) - Alle Welt redet von Web-Services, Portalen und der Integration heterogener Systeme, doch die Lizenzmodelle mancher ERP-Hersteller scheinen den neuen Szenarien noch nicht gewachsen zu sein. Teilweise verlangen die Softwareanbieter von ihren Kunden zusätzliche Gebühren wegen des indirekten Zugriffs von Drittsystemen auf Anwendungen.

Viele Anbieter von ERP-Software berechnen den Preis für ihre Produkte anhand der Anzahl der Benutzer, die auf die Systeme zugreifen. Üblicherweise verlangen die Hersteller eine Lizenz sowohl für den direkten Zugriff über eine ERP-Client-Software als auch für die indirekte Nutzung der Programme via Drittsoftware. Das klingt auf den ersten Blick harmlos, kann sich für Anwender als äußerst kompliziert erweisen: Was genau ein indirekter Zugriff ist und vor allem, welche und wie viele Benutzerlizenzen dafür erforderlich sind, darüber lassen manche Anbieter ihre Kunden im Unklaren.

Bild: Photodisc
Bild: Photodisc

Das Problem ist nicht neu. Es kam erstmals auf, als Anwender vor einigen Jahren damit begannen, ihre internen IT-Systeme mit Web-Servern zu koppeln, um Online-Nutzern einen Zugriff auf Geschäftsdaten zu gestatten. Die Situation verschärfte sich noch dadurch, dass Firmen Software von Drittherstellern mit ERP-Systemen integrierten. So muss unter Umständen für jeden Nutzer, der über ein CRM-System Funktionen einer angebundenen Warenwirtschaftslösung aufruft, eine Benutzerlizenz des ERP-Herstellers erworben werden. Dies könnte beispielsweise dann der Fall sein, wenn das Unternehmen ein Call-Center mit Daten-Schnittstelle zur ERP-Applikation einrichtet, ohne jedoch für die Telefonberater über Benutzerlizenzen für die betriebswirtschaftliche Standardsoftware zu verfügen.

Bislang haben ERP-Hersteller den indirekten Zugriff in Bezug auf die erforderlichen Benutzerlizenzen großzügig bewertet. Dabei wird es nach Ansicht des Beratungshauses Gartner nicht bleiben. Laut einem Bericht der Analysten will beispielsweise die SAP Kunden unter Umständen stärker als bisher zur Kasse bitten, falls sie über CRM-Systeme oder Portale von Drittherstellern SAP-Produkte nutzen.

„Der SAP-Vertrieb versucht, über den Begriff des indirekten Zugriffs weitere Benutzerlizenzen zu verkaufen, was angesichts des schleppenden Geschäfts mit Neukunden nicht verwundert“, wirft Alexa Bona, Research Director bei Gartner, den Walldorfern vor. Dies führe zu unkalkulierbaren Kosten für Anwenderunternehmen. Nach den Worten der Beraterin begründet der Hersteller sein Vorgehen damit, dass manche Firmen eigene Schnittstellen zur Anbindung von Drittsoftware an SAP-Systeme entwickeln, um Lizenzkosten einzusparen.