SAP lässt Anwender Prozesse modellieren

20.03.2007
Von 
Vice President Software & SaaS Markets PAC Germany
Mit "Process Integration" und "Composition Environment" sollen "Netweaver"-Nutzer Web-Services bauen.

Auf den Technologietagen der Deutsprachigen SAP-Anwendergruppe (DSAG) legten Experten des Softwarekonzerns die für 2007 zu erwartenden Neuerungen rund um die Integrations- und Ablaufumgebung Netweaver dar. Mit Process Integration fasst der Hersteller die Komponenten Exchange Infrastructure, das Enterprise Services Repository (ESR) und den Applikations-Server zusammen. Damit liefert der Hersteller das bisher nur intern verwendete ESR an die Kunden aus.

Hier lesen Sie ...

  • welche Schwerpunkte SAP bei der Weiterentwicklung von Netweaver setzt;

  • wie sich "Process Integra- tion" von "Exchange Infrastructure" abhebt;

  • wie Entwickler mit dem Composition Environment eigene Applikationen bauen können;

  • dass SAP in diesem Jahr das "Enterprise Services Repository" an die Kunden ausliefern möchte.

Services mit SAP-Notation

In dem Repository ist eine Vielzahl von Services, Geschäftsobjekten und Datentypen beschrieben, die wiederum einzelne Prozeduren beziehungsweise Kombinationen verschiedener Programmfunktionen von "Mysap ERP 2005" repräsentieren. Aus diesen von SAP "Enterprise Services" titulierten Bausteinen lassen sich neue Geschäftsprozesse gestalten. Diese Dienste hat SAP mit einer selbstentwickelten Notation versehen. Sie geht über die Servicebeschreibung gemäß Web Services Description Language (WSDL) hinaus und soll dafür sorgen, dass Web-Dienste bestimmte Richtlinien einhalten ("Governance"). Deshalb müssen Dienste von Drittherstellern und SAP-Partnern diesem Format folgen, wenn sie in vollem Umfang innerhalb von Netweaver Verwendung finden sollen.

Reliable Messaging

Ergänzt wird die bisherige Exchange Infrastructure um Eigenschaften wie etwa die Spezifikation "Web-Services Reliable Messaging". Sie dient dazu, in Service-orientierten Umgebungen für zuverlässigen Nachrichtentransport zu sorgen, was zum Beispiel bei Transaktionen wichtig ist, die sich über mehrere Services erstrecken. Außerdem verfügt der Netweaver-Baustein künftig über einen "Service Bus", also ein Koppelelement, das per Nachrichtenaustausch zwischen unterschiedlichen Services vermittelt. SAP vermeidet bewusst den Begriff "Enterprise Service Bus", da andere Hersteller darunter andere Konzepte beschreiben.

Des Weiteren berücksichtigen die SAP-Entwickler Sicherheitsstandards wie SAML (Security Assertion Markup Language) und WS-Security. SAML erlaubt es, Sicherheitsinformationen zwischen verschiedenen Softwarediensten auszutauschen. Ferner folgt das ESR den Vorgaben der Web-Services-Spezifikation UDDI Version 3 (Universal Description, Discovery and Integration), die eine Art "Gelbe Seiten" für Web-Services darstellt.

Ereignisse aus ERP-Systemen

Laut Hersteller lassen sich mit Process Integration ferner ereignisgesteuerte Services realisieren - die IT-Branche spricht hier von "Event-driven Architectures". Netweaver-Funktionen empfangen Ereignisse aus einem ERP-System und leiten sie an Dienste weiter. Events sind Meldungen über eine Statusänderung eines Prozesses. Dazu zählen über 1700 definierte Ereignisse, die beispielsweise aus Mysap ERP 2005 stammen. Die bisher lokal in der Business-Software genutzten Ereignisse lassen sich künftig innerhalb von Service-orientierten Umgebungen für die Prozesssteuerung verwenden. Im ERP-System der SAP sorgt eine "Local Event Infrastructure" dafür. Es handelt sich dabei um ein Plug-in im Web Application Server 6.40. SAP hat nicht vor, diese Infrastruktur für R/3 zur Verfügung zu stellen.

Events können darüber hinaus auch Endanwender, integrierte Applikationen beziehungsweise Softwaredienste auslösen. Die in Process Integration implementierten Methoden des Business Activity Monitoring sollen Abläufe innerhalb Service-orientierter Systeme überwachen.

Was ist neu?

Process Integration

  • Weiterentwicklung von Exchange Infrastructure;

  • unterstützt weitere Web- Services-Standards;

  • enthält SAPs Enterprise Services Repository;

  • erweitert Business Process Management um Human Interaction;

  • verarbeitet Events.

Composition Environment

  • Reine Java-Entwicklungsumgebung zum Bau von Composite Applications;

  • zusätzliches Angebot zu bestehenden Werkzeugen.

Human Interaction

Auch in Sachen Prozesssteuerung erweitert SAP das Angebot. Das bislang rein auf die Ablaufsteuerung zwischen Anwendungsdiensten ausgelegte Business Process Management erhält Merkmale, um auch Anwender an Abläufen beteiligen zu können ("Human Interaction"). Dazu zählt, dass Nutzer an ihrem Frontend in einer "Universal Work List" von Diensten generierte Aufgaben zugewiesen bekommen. Über diese Einträge in der "Arbeitsliste" können sie Daten beziehungsweise Abläufe ändern. Denkbar sind hier etwa Freigaben und Genehmigungen sowie die Fehlerbehebung.

Wann Process Integration den Anwendern zur Verfügung steht, ist unklar. Auch ein Datum für den Ramp-up nennt SAP nicht.

Verbesserungen hat SAP auch in Sachen Netweaver-Performance versprochen. Die "Adapter Engine", über die eine Integration von Drittsystemen erfolgt, sei so verändert worden, dass der Datendurchsatz bis zu zehnmal höher ist. Damit reagiert der Konzern unter anderem auf Anwender, die sich über schlechte Leistungen beim Transfer von Massendaten beschwert haben.

An Entwickler richtet sich das "Composition Environment" (CE), eine Weiterentwicklung des "Composition Application Framework". Mit Composition meint der Hersteller, aus Softwarediensten Geschäftsprozesse inklusive der Benutzer-Schnittstellen zu erzeugen. Auch diese Komponente wird mit dem ESR ausgeliefert. Darüber hinaus sind Anwender in der Lage, neue Services nebst Prozesslogik zu bauen. Das Ramp-up ist für das zweite Quartal dieses Jahres vorgesehen. SAP stützt sich weiterhin auf Eclipse 3.2 als Entwicklungsplattform. Des Weiteren verwendet die neue Lösung die Standards Enterprise Javabeans 3.0 und Java API for XML Web Services Version 2.0.

Schlanke Entwicklungsumgebung

In CE stehen die Entwicklungswerkzeuge für "Web Dynpro for Java", "Visual Composer" und "Portal Development" zur Verfügung. Nach Darstellung der SAP handelt es sich dabei um eine leichtgewichtige Umgebung, die sich speziell an Java-orientierte Entwickler richtet, die mit Hilfe dieser Techniken neue Applikationen (Composite Applications) bauen möchten.

Nicht in dem neuen Tool enthalten ist hingegen "Web Dynpro for Abap". Laut SAP stützt sich die Umgebung komplett auf Java; dem integrierten Applikations-Server fehlt die Abap-Laufzeitumgebung. Gleichwohl ließen sich aber bestehende Entwicklungen von "Web Dynpro for Abap" einbinden, falls dies erforderlich sein sollte.

CE ist der Nachfolger der mit Netweaver 2004s ausgelieferten Entwicklungs-Tools für Composite Applications. Diese werden zwar noch weiter unterstützt, jedoch nicht mehr ausgebaut. Auf Nachfrage von besorgten Zuhörern teilte der Hersteller mit, es werde eine Migrationsunterstützung für mit Netweaver 2004s gebaute Web Dynpros geben. Verwirrung stiftete die CE-Ankündigung, da Web Dynpro for Abap darin nicht vorkommt. Auf Anfrage versicherte der Hersteller jedoch, dieses Werkzeug werde es auch weiterhin von SAP geben. Kunden mit Netweaver-Lizenz können CE verwenden. Eine Vorabversion finden Interessierte auf dem SAP Developer Network .

Process Integration und Composition Environment sind laut SAP-Vorstand Gerhard Oswald Kernkomponenten des neuen Mittelstandsprodukts der SAP, das im März vorgestellt werden soll.

Mobiler Zugriff

Zu den weiteren Netweaver-Neuheiten in diesem Jahr zählt "Netweaver for Mobile 2007". Mit ihr sollen Anwender fähig sein, 1000 und mehr mobile Endgeräte an Geschäftsapplikationen anzubinden. Ferner biete das Produkt Monitoring-Funktionen für mobile Anwendungen. Die Software besteht aus Server-Komponenten und Modulen für die Endgeräte, darunter kleine Datenbanken.

Die Komponente Master Data Management 5.5 (MDM) soll ab März in der Lage sein, Daten- dubletten im "Business Information Warehouse" herauszufinden. MDM 6.0, das vermutlich Ende 2007 oder Anfang 2008 auf den Markt kommt, wird in Richtung Enterprise Services erweitert. Im Gegensatz zu anderen Netweaver-Bausteinen müssen Kunden MDM in Lizenz nehmen. Der Preis richtet sich dabei nach der Anzahl der verwalteten Datensätze.