SAP erweitert Netweaver durch Zukäufe

16.05.2007
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Martin Bayer ist Chefredakteur von COMPUTERWOCHE, CIO und CSO. Spezialgebiet Business-Software: Business Intelligence, Big Data, CRM, ECM und ERP.
Die Walldorfer verlängern die ERP-Wartung, kaufen Technik ein und bekräftigen ihre Mittelstandsambitionen.

Für SAP stand die diesjährige Kundenveranstaltung Sapphire in Wien unter keinem guten Stern. Im Vorfeld der Konferenz, zu der der Softwarehersteller über 8000 Besucher erwartet, kursierten Berichte, wonach es nach dem überraschenden Abschied von Technikchef Shai Agassi zu Grabenkämpfen zwischen verschiedenen Entwicklerfraktionen gekommen sei. Als Reaktion auf diese Spannungen werde der Aufsichtsratsvorsitzende und SAP-Gründer Hasso Plattner künftig verstärkt ins Tagesgeschäft eingreifen und die gesamte Produktpalette kritisch unter die Lupe nehmen, hatte es weiter geheißen.

Industrielösungen und Branchen-Communities

Neben funktionalen Erweiterungen gilt es für SAP, ihren Industriefokus zu schärfen. Dabei stehen vor allem lukrative Branchen wie der Bankensektor und der Handel im Visier des Herstellers. In diesen Segmenten arbeiten viele Unternehmen mit veralteten Soft-warelösungen. Experten zufolge stehen in den kommenden Jahren zahlreiche Ablöseprojekte an. Neben Partnerschaften wie der in Wien angekündigten Kooperation mit Sungard im Softwaregeschäft mit Finanzdienstleistern bemühen sich die SAP-Verantwortlichen an dieser Stelle, verstärkt vom Know-how ihrer Kunden zu profitieren. SAPs Co-CEO Leo Apotheker betonte in diesem Zusammenhang die Bedeutung der Communities für SAP. Im Rahmen von "Industry Value Networks" (IVNs) will der Konzern Kunden, Anwender und andere Softwarehersteller an einen Tisch bekommen, um Standards für einzelne Branchen zu entwickeln, die wiederum in die SAP-Produktentwicklung einfließen sollen. Außerdem kündigte SAP an, sein Serviceportfolio ausbauen zu wollen. Im Rahmen der Business Process Platform (BPP) biete der Konzern mit dem "Enterprise Service Repository" (ESR) bereits eine breite Palette an vorkonfigurierten Best Practices. Darüber hinaus gebe es 26 spezifische "Industry Practices", die tiefer die Anforderungen einzelner Branchen berücksichtigten. Beide Bereiche sollen sukzessive erweitert werden, kündigte Apotheker an. Bedenken, dass Anwenderunternehmen nur zögerlich bereit sein würden, das Know-how über die eigenen Prozesse preiszugeben, teilt der SAP-Manager nicht. Viele dieser Abläufe seien mittlerweile Allgemeingut.

Henning Kagermann, Vorstandsvorsitzender der SAP AG, wies diese Berichte in Wien als pure Spekulation zurück. "Gerüchte sind Gerüchte, nicht mehr." Wer das in die Welt setze, habe keine Ahnung, was bei SAP passiert. Plattner sei bereits in der Vergangenheit an den Produktplanungen beteiligt gewesen. "Es hat sich nichts geändert."

"A1S ist im Plan"

Neben den von Walldorf dementierten Personalquerelen soll es angeblich Probleme mit dem neuen Mittelstandsprodukt, Codename "A1S", geben. Den Spekulationen zufolge stockt auch hier die Entwicklung, und das standardisierte Paket Business-Software, das der Konzern nach dem Software-as-a-Service-Prinzip auf Mietbasis anbieten will, werde sich weiter verzögern. Die SAP-Führung wiegelte in Wien jedoch ab und bestätigte den Start des neuen Mittelstandsprodukts für das erste Quartal 2008. Kagermann räumte zwar Probleme in der Entwicklung ein. Das sei für das aktuelle Projektstadium aber ganz normal. "Es passiert nichts Unerwartetes."

Wartungsfrist bis 2016

Neben den Gerüchten ging es in Wien auch um SAPs Release-Politik. Die Walldorfer bemühen sich derzeit intensiv, R/3-Kunden, die auf ERP 2005 wechseln wollen, den Umstieg schmackhaft zu machen. Beispielsweise nannte Kagermann mit dem 31. März 2013 ein neues Wartungsende für ERP 2005. Damit dehnt er den Zeitraum erneut aus; bislang war von 2012 die Rede gewesen. Inklusive der drei folgenden Jahre, in denen der Softwarekonzern seinen Kunden, wenn auch zu höheren Gebühren, erweiterte Wartung bietet, ergibt sich für die Anwender damit ein Planungshorizont bis zum Jahr 2016.

Außerdem setzte SAP in Wien ein Signal in Sachen Übernahmen. Um zusätzliche Funktionen bieten zu können, wollen die Badener künftig verstärkt zukaufen. Auf der Sapphire gab der Konzern den Kauf von Maxware bekannt. Der norwegische Softwarehersteller bietet Lösungen für das Identity-Management an, die in Netweaver integriert werden sollen. Mit der ebenfalls in Wien angekündigten Übernahme von Wicom Communications erwirbt SAP zudem eine IP-basierende Software, die eine Kundenkommunikation per Telefon, E-Mail und Chat erlaubt. Das Produkt wird in SAPs CRM-Lösung einfließen und diese damit Multichannel-fähig machen.

Kooperationen

Neben Zukäufen setzen die Walldorfer auch auf Kooperationen, um ihr Standbein in einzelnen Branchen zu stärken. Dazu zählt beispielsweise die Zusammenarbeit mit Sungard, einem Softwareanbieter für Finanzdienstleister. Gemeinsam soll eine Asset-Liability-Management-Lösung (ALM) auf Basis von Netweaver entwickelt werden.