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SAP bereitet Ramp-Up für Netweaver 04 vor

18.02.2004
Auf der Frühjahrestagung der DSAG hat SAP einen Ausblick auf die weitere Entwicklung seiner Infrastruktur-Plattform "Netweaver" gegeben, deren Komponenten in Version 04 besser miteinander integriert wurden.

MÜNCHEN (COMPUTERWOCHE) - Auf der Frühjahrestagung der deutschen SAP Anwendergruppe (DSAG) in St. Leon-Rot gaben SAP-Manager einen Ausblick auf die kommende Version 04 der Infrastrukturplattform "Netweaver". Mit der Jahreszahl im Produktnamen will der Softwarekonzern deutlich machen, dass künftig jedes Jahr ein Release der Plattform herauskommt. "In sechs Wochen werden wir mit der Ramp-Up-Phase beginnen", kündigte Franz-Josef Fritz an, verantwortlich für das Produkt-Management von Netweaver. In der Ramp-Up-Phase erhalten ausgewählte Anwender die Software vor der eigentlichen Auslieferung.

SAP liefert mit Netweaver 04 eigenen Angaben zufolge besser aufeinander abgestimmte Komponenten aus. Die Technikplattform umfasst unter anderem den "Web Application Server 6.40", die Integrationstechnik "Exchange Infrastructure 3.0", das "Enterprise Portal 6.0 SP3" sowie das "Business Information Warehouse 3.5". Während die Walldorfer bisher Netweaver ausschließlich gemeinsam mit Anwendungen vermarkten wollten, plant der Hersteller nun, die Infrastrukturlösung auch als eigenständiges Produkt zu vertreiben.

Die wichtigste Netweaver-Neuerung betrifft die Exchange Infrastructure 3.0 (XI), die wegen der zahlreichen neuen Features wesentlich später auf den Markt kommt als geplant. So wurde Kunden ein Ramp-Up von XI 3.0 bereits für Dezember 2003 in Aussicht gestellt. XI verfügt nun über eine Business-Process-Management-Engine, die auf der Spezifikation "Business Process Execution Language" (BPEL) aufsetzt. Sie bildet die Grundlage für die Steuerung von Geschäftsprozessen außerhalb von SAP-Anwendungen, wobei der "Integration Server" SAP-eigene und fremde Systeme verbindet (Cross-Component Process Management).

Davon profitiert vor allem SAP selbst, denn XI fließt in die Produkte "Master Data Management" (Stammdatenkonsolidierung), "mySAP Supplier Relationship Management" (elektronischer Einkauf, Lieferantenauswahl) und "Supply Chain Management" (Verwaltung und Optimierung von Lieferketten) ein, um verschiedene Funktionskomponenten des Herstellers miteinander zu verknüpfen.

Falls SAP-Programme auf dem Web Application Server ab der Version 6.20 laufen, können deren Funktionen über Web-Services-Schnittstellen von der Business-Process-Engine angesprochen werden. Dies trifft beispielsweise auf das aktuelle ERP-Release "R/3 Enterprise" zu. Auch andere ERP-Hersteller wie Oracle, Peoplesoft, Siebel, i2 und Microsoft statten ihre Business-Software mit Web-Services-Interfaces aus.

Experten gestehen SAP zu, mit XI 3.0 viele nützliche Funktionen zu liefern. Allerdings betonen sie auch, dass die vermeintlich einfache Nutzung der neuen Techniken viel Know-how, umfangreiche Projekte und Investitionen erfordert, die sich erst später auszahlen. Dessen ungeachtet werden die Walldorfer nicht müde, Netweaver als Mittel zur Senkung der Wartungs- und Integrationskosten anzupreisen.

Der in Netweaver 04 eingebundene Web Application Server (WAS) 6.40 beinhaltet die Ablaufumgebung für ABAP-Code (die SAP-eigene Programmiersprache) sowie eine Java-Engine, die der Spezifikation J2EE (Java 2 Enterprise Edition) 1.3 folgt. Beide Engines weisen die gleiche Release-Nummer auf. Der Server ist abwärtskompatibel zum Vorgänger 6.20, was Anwender des darauf aufsetzenden R/3 Enterprise befähigt, die mit WAS 6.40 ausgelieferte J2EE-Umgebung zu nutzen.

SAPs Ablaufumgebung wird mit Zusätzen wie der Entwicklungsumgebung "Netweaver Developer Studio" und "Web Dynpro for Java" ausgeliefert. Web Dynpro erlaubt es Firmen, HTML-basierende Benutzeroberflächen für SAP-Programme unter Java entwickeln. An der Variante "Web Dynpro for ABAP", die Web Dynpro mit der SAP-eigenen Programmiersprache verknüpft, arbeiten die Walldorfer noch. Die Anpassung an ABAP erwies sich als schwieriger als erwartet.

Neben der Entwicklung neuer Interfaces bietet die ABAP-Kopplung mit Web Dynpro Anwendern die Möglichkeit, ihre bestehenden Dynpro-Systeme, die in der Client-Software "SAPGUI" ablaufen, in Browser-Interfaces umzuwandeln. Zudem gab SAP bekannt, dass Web Dynpros sich in Portaloberflächen einbinden und auf diese Weise mit Portalmodulen ("Iviews") kombinieren lassen, so dass der Anwender nicht merkt, ob eine Funktion über Web Dynpro oder Iviews integriert wird. Iviews dienen dazu, Funktionen von Backend-Applikationen in das Enterprise Portal einzubinden.

Die auf der Open-Sourcce-Plattform Eclipse basierende Entwicklungsumgebung Netweaver Developer Studio gestattet es dem Benutzer, sowohl ABAP- als auch Java-Komponenten als Web-Service zu konfigurieren, was ihre Integration mit anderen SAP-Programmen sowie Fremdsystemen erleichtern soll.

In Sachen Portaltechnik hat SAP vor, das unter Windows und einigen Unix-Derivaten lauffähige Enterprise Portal 6.0 etwa Mitte des Jahres auch für Linux freizugeben. Eine Anpassung an das Open-Source-Betriebssystem unter IBM-Mainframes und den Midrange-Systemen der iSeries-Reihe (vormals AS/400) soll später folgen.

Obwohl SAP für die künftige Entwicklung auf Java setzt, sieht der Hersteller durchaus noch Defizite beim Einsatz der Programmier- und Ablaufumgebung. "Die Java Virtual Machine stößt in großen Installationen an ihre Grenzen", meint Peter Kürpick, Senior Vice President SAP Netweaver Foundation. Deshalb arbeite man mit Java-Protagonisten wie Sun und IBM an der Verbesserung der virtuellen Maschine. Auch das Wartungskonzept von Java sei noch lückenhaft. Noch empfiehlt SAP ABAP für das Schreiben von Applikationsfunktionen, Java dagegen eigne sich unter anderem gut für das Design von Benutzeroberflächen. (fn)