SAP: Analysten korrigieren Profiterwartungen nach unten Von Arnd Wolpers*

24.09.1993

Seit dem Kurseinruch im Januar dieses Jahres hat sich die Aktie der SAP AG waehrend des ersten Halbjahres 1993 deutlich erhoehen koennen. Doch puenktlich zu Beginn des zweiten Halbjahres erfolgte ein erneuter Kursrueckgang. Nach Veroeffentlichung des Zwischenberichtes fuer das erste Halbjahr setzte sich der Kursrutsch fort. Die Stammaktie notiert derzeit 500 Mark unterhalb des Zwischenhochs von Ende 1992. Insgesamt entwickelte sich der Titel deutlich schlechter als der Gesamtmarkt.

Offenbar halten sich die Anleger zurueck, weil die Walldorfer in den ersten sechs Monaten dieses Jahres hinter den gesteckten Zielen zurueckblieben. Zwar macht die SAP den Boersianern fuer die zweite Jahreshaelfte Mut und verweist auf den ueberproportionalen Umsatzverlauf sowie die positiven Effekten auf die Ertragslage. Das Beispiel des vergangenen Geschaeftsjahres zeigt jedoch, dass es sich dabei auch um Zweckoptimismus handeln koennte.

Folgerichtig wurden im Umfeld eines Analystenkongresses, auf dem sich auch SAP praesentierte, die Gewinnschaetzungen fuer das laufende Jahr nach unten korrigiert. Waren Mitte des Jahres die Mehrheit der Analysten noch von bis zu 70 Mark Gewinn pro Aktie ausgegangen, so liegt der Konsens heute zwischen 50 und 55 Mark. Vor dem Hintergrund der ueberproportionalen Aufwendungen fuer Forschung und Entwicklung sowie des Anstieges der Zahl der Mitarbeiter in der Gruppe um 18 Prozent zur Jahresmitte 1993 rechnen Pessimisten sogar mit einem Abrutschen des Gewinnes je Aktie auf gut 40 Mark.

Zum Vergleich: 1991 lag der Gewinn je Aktie noch bei 70 Mark. Fuer 1992, als 63 Mark verdient wurden, lagen die Schaetzungen der Optimisten bei ueber 100 Mark je Aktie. Auch fuer 1993 schaetzte etwa Goldman-Sachs noch im Januar dieses Jahres den Gewinn je Aktie auf 93 Mark. Weniger als die Haelfte davon duerften voraussichtlich verdient werden.

Die Daempfung der optimistischen Gewinnerwartungen erfolgten 1993 deutlich frueher als im Vorjahr. Die Kursanpassung wird diesmal eher und sanfter vollzogen als vor neun Monaten. Seinerzeit brach der Kurs nach Veroeffentlichung der enttaeuschenden Zahlen fuer das Vorjahr kurzfristig um 25 Prozent ein.

Die Auftragseingaenge zeigen, dass es SAP gelingt, die hervorragende Marktstellung weiter auszubauen. Nach Abschluss der Investitionsphase und bei einer voraussichtlich 1995 greifenden Verbesserung der konjunkturellen Rahmenbedingungen sollte das Walldorfer Unternehmen wieder deutlich an Ertragskraft zulegen koennen. Bis dahin ist jedoch noch ein langer Weg zurueckzulegen. Fuer Kaeufe ist es deshalb noch zu frueh. Leerverkaeufe wie sie vor zehn Monaten gerechtfertigt waren, erscheinen vor dem Hintergrund der jetzt schon reduzierten Gewinnerwartungen als keine aussichtsreiche Strategie.

*Arnd Wolpers ist Geschaeftsfuehrer der Vermoegensverwaltungsgesellschaft CMW GmbH in Muenchen. Die hier veroeffentlichten Informationen beruhen auf Quellen, die wir fuer vertrauenswuerdig und zuverlaessig halten. Trotz sorgfaeltiger Quellenauswahl und -auswertung koennen wir fuer Vollstaendigkeit, Genauigkeit und inhaltliche Richtigkeit der Angaben eine Haftung nur insoweit uebernehmen, als grobe Fahrlaessigkeit oder Vorsatz Haftung begruenden. Jede darueber hinausgehende Haftung wird ausgeschlossen. Fuer Angaben Dritter uebernehmen wir kein Obligo, Aktienanlagen sind durch staerkere Kursschwankungen gekennzeichnet.