Rechenzentrum in Deutschland

Salesforce setzt Amazon und Co. mächtig unter Druck

10.03.2014
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René Büst ist Research Director in Gartners Managed Business and Technology Services Team mit Hauptfokus auf Infrastructure Services & Digital Operations. Er analysiert Entwicklungen im Bereich Cloud Computing (Anbieter von Managed Cloud-Services und Public Cloud sowie Cloud-Strategien wie IaaS, PaaS und Multicloud), digitale Infrastrukturen und Managed Services sowie den Einfluss der digitalen Transformation auf die IT. Seit Mitte der 90er Jahre konzentriert sich Herr Büst auf den strategischen Einsatz der IT in Unternehmen und setzt sich mit deren Einfluss auf unsere Gesellschaft sowie disruptiven Technologien auseinander.
Salesforce eröffnet im Jahr 2015 ein Rechenzentrum in Deutschland. Der einzige logische Schritt um deutsche Unternehmenskunden anzuziehen. Wann folgen Player wie Amazon AWS, Microsoft und Google?

Nach einem Umsatzwachstum von 41 Prozent für das Finanzjahr 2014 wird der CRM Anbieter Salesforce seine Aktivitäten für das Finanzjahr 2015 in Europa weiter verstärken. Hierzu sollen europaweit mehr als 500 neue Arbeitsplätze und weitere Rechenzentren entstehen. Das erste der drei Rechenzentren wird nach Unternehmensangaben im August in Großbritannien eröffnet. Zwei weitere sollen im Jahr 2015 in Deutschland und Frankreich folgen. Bereits auf der letzten Salesforce Customer Company Tour im vergangenen Juli wurde ein Rechenzentrum für dieses Frühjahr in London angekündigt.

Auch Salesforce hat zu kämpfen

Fakt ist, trotz des Umsatzwachstums von 41 Prozent in Europa und stolz verkündeter Kunden wie BMW Group, Deutsche Post DHL, Sixt, Vaillant und Carl Zeiss Vision hat Salesforce es nicht leicht. Auch das zeigen die Investitionen und Expansionen mit weiteren Rechenzentren in Europa. Salesforce muss näher an den Kunden heran, wenn der Kunde nicht von alleine kommt. Es ist nicht das erste Bekenntnis, dass die Public Cloud in dieser Form nicht für alle funktioniert. Bereits im November letzten Jahres hatte Salesforce-CEO Mark Benioff mit dem "Salesforce Superpod" nichts anderes als eine Dedicated Private Cloud auf der Salesforce-Infrastruktur angekündigt, um Kunden die Möglichkeit zu bieten, das CRM-System nicht auf der Public Cloud, sondern in einem extra für sie abgetrennten Bereich zu nutzen. Man sieht also, es wird ständig und in langsamen Schritten zurückgerudert. Natürlich nur im Sinne der Kunden.

Deutschland sollte nicht unterschätzt werden

Die Expansion von Salesforce nach Deutschland zeigt außerdem, dass man zum einen unter enormen Druck steht, und dass zum anderen der Standort Deutschland attraktiver als vermutet ist. Schließlich behandeln die meisten amerikanischen Unternehmen den deutschen Markt eher stiefmütterlich.

Der Großteil der amerikanischen Cloud-Anbieter versorgt den europäischen Markt derzeit über Rechenzentren in Irland (Dublin) und den Niederlanden (Amsterdam). Das stößt bei vielen Deutschen, vornehmlich Datenschützern und mittelständischen Unternehmen, auf Unbehagen. Das Speichern von Daten außerhalb von Deutschland und ein Vertragswerk, das maximal auf europäischem Recht beruht, wird nicht gerne gesehen. Jedoch sollte und darf der Wirtschaftsstandort Deutschland nicht vernachlässigt werden. Für die US-amerikanischen Unternehmen mag Deutschland zwar ein kleines Land sein, aber die Wirtschaftskraft zu unterschätzen, wäre fatal.

Die Erwartungshaltung ist riesig

Salesforce positioniert sich mit Salesforce1 mittlerweile als eine allumfassende Plattform für die Entwicklung von Social-, Mobile- und weiteren Cloud-basierten Applikationen und richtet sich damit gezielt an Entwickler, ISVs, Endanwender und Administratoren. Salesforce versucht damit sein Image als reiner CRM-Anbieter abzuschütteln.

Salesforce sieht sich somit nicht mehr nur im Wettbewerb mit anderen CRM-Anbietern sondern ebenfalls mit den großen Playern wie Microsoft, Amazon AWS und Google. Sie alle bauen ihren Cloud-Stack stetig weiter aus. Bei fast allen ist er nahezu vollständig. Die Expansion mit einem eigenen Rechenzentrum in Deutschland ist für Salesforce damit ein enormer Wettbewerbsvorteil gegenüber anderen Anbietern wie Amazon AWS, Microsoft oder Google. Insbesondere im stark umkämpften Markt für Unternehmenskunden, in denen Amazon AWS und Google sich schwer tun und wo Microsoft auf Grund seiner bestehenden breiten Kundenbasis bereits eine gute Ausgangslage hat.

Crisp Research ist der Meinung, dass spätestens nach dieser Ankündigung künftig kein Anbieter, der den deutschen Markt als ernsthaft attraktiv betrachtet, daran vorbeikommt, ebenfalls ein eigenes Rechenzentrum in Deutschland zu eröffnen. Zahlen von Crisp Research zufolge fordern mittelständische Unternehmen von Cloud-Anbietern, dass die Daten in einem deutschen Rechenzentrum gespeichert werden müssen. Etwa 75 Prozent sehen darin die Notwendigkeit, um durch physische Lokalität der Daten das deutsche Recht einfacher anwendbar zu machen.

Microsoft sorgt für ein großes Fragezeichen

Warum hat zum Beispiel Microsoft nicht schon längst ein Rechenzentrum in Deutschland gebaut? Das Unternehmen ist seit Jahrzehnten in Deutschland tätig und sollte die Kundenbasis und deren Bedenken besser kennen als jeder andere Cloud-Anbieter. Erste Gerüchte besagen, dass Amazon AWS und Microsoft Rechenzentrumsstandorte in Deutschland planen. Von den Unternehmen gab es dazu bislang weder eine offizielle Bestätigung noch ein Dementi.

Ein Rechenzentrum in Deutschland kann die Bedenken der Unternehmen zerstreuen. Die Cloud-Computing-Anbieter haben in der Vergangenheit viel geredet und versprochen. Aussagekräftige Taten blieben jedoch aus. Nach der IBM, die ein Cloud-Rechenzentrum in Ehningen bei Stuttgart angekündigt hat, macht nun auch Salesforce den richtigen Schritt. Wir sind gespannt wer folgen wird. (jha)