Die Zeit der hohen Wachstumsraten ist vorbei

SAG reagiert mit vorläufigen Bilanzzahlen auf Krisengerüchte

22.02.1991

DARMSTADT (gfh) - "Die Software AG steckt nicht in der Krise", muß SAG-Gründer Peter Schnell seit einigen Wochen anderslautende Gerüchte dementieren. Um ihnen den Boden zu entziehen, hat das Unternehmen wider alle Gepflogenheiten vorläufige Bilanzzahlen für das Geschäftsjahr l990 bekannt gegeben.

"Wir haben uns abgeschminkt, daß man Firmengröße strategisch planen kann. Künftig müssen wir auf den Markt reagieren", beschreibt Vorstandsmitglied Peter Page die derzeitige Strategie der Software AG. Expansion ist für ihn daher kein Unternehmensziel mehr, auch die Investitionen für neue Technologien sollen eingeschränkt werden. Dafür hält das Unternehmen seine Entwickler dazu an, "vertriebsnäher zu denken".

Diese vorsichtige Haltung hat Page zufolge nichts mit einer Krise der Software AG zu tun. Schließlich könne das Unter nehmen für 1990 einen Gewinn von zehn Millionen Mark vor Steuern vorweisen. Dieser Ertragsleistung - leidlich ein Drittel des Vorjahresgewinns - steht allerding ein Nullwachstum beim Umsatz gegenüber. Dafür macht der Manager vor allem den Verfall des Dollarkurses und die hektische Reaktion der US-Firmen auf den Golfkrieg verantwortlich.

Außerdem, so erklärt Page läge der Umsatzzuwachs eigentlich bei über 16 Prozent, hätte sich das Unternehmen nicht aufgrund der Dollar-Schwankungen zu einem weltweiten Finanz-Management entschlossen. Diese Umorganisation sei auf Kosten der Umsatzzahlen gegangen. Dafür seien die Sachan- lagen der Software AG schuldenfrei und die Kassen mit neun Millionen Dollar gefüllt.

Für die mageren Ergebnisse führt der SAG-Vorstand aber auch das stagnierende Geschäft im Mainframe Bereich ins Feld: "Die Zeit der hohen Umsätze ist für alle in der Branche vorbei." Die Software AG macht nach wie vor 85 Prozent ihres Produkt Umsatzes im Großrechner-Bereich. Das soll sich jedoch ändern. Das Software-Unternehmen will in diesem Geschäftsjahr mit Unix Produkten in den Markt der offenen Systeme einsteigen. "Die Investitionen für diesen Bereich sind abgeschlossen jetzt beginnt die Erntephase" begründet Firmengründer Peter Schnell seine Gewinnerwartungen von rund 33 Prozent für 1991. Gleichzeitig erhofft sich der Unix-Neuling ein Umsatz plus von bis zu 20 Prozent.

Das laut Page stark wachsende Projektgeschäft schlägt in der Bilanz allerdings nicht positiv zu Buch. Zwar sei dieser Bereich 1990 bereits zu einem Drittel am Inlandsumsatz beteiligt gewesen, die Gewinne würden Jedoch sofort reinvestiert.