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Die Memo-Affäre II

Sabotierte Microsoft Konkurrenten?

27.08.1998
Von md 
Die Memo-Affäre II

COMPUTERWOCHE (MÜNCHEN) - „Wir sollten das System echt kaputt machen...". Das sind die Worte von Microsofts Vice-President David Cole, festgehalten in einem Memo an andere Topmanager des Unternehmens. In der elektronischen Nachricht geht es um Maßnahmen gegen das ehemals konkurrierende Betriebssystem „DR DOS" von Digital Research. Diese und alle anderen nachfolgend besprochenen E-Mails sind von Wendy Rohm in ihrem Buch „The Microsoft File: The Secret Case Against Bill Gates" zusammengetragen worden.

Das Memo, das nun in die Hände des US-Justizministeriums ist, war zwischen September 1991 und Februar 1992 verfaßt worden, in einer Zeit also, als gerade die "Christmas-Beta"-Version von Windows 3.1 ausgeliefert worden war. In dieser zigtausendfach ausgelieferten Vorversion waren falsche Warnhinweise an die Nutzer eingearbeitet, wenn Windows auf einer anderen Plattform als MS-DOS aufsetzte. Dadurch sollte der Eindruck erweckt werden, Windows könne nicht auf DR DOS laufen. In der Vollversion verzichtete Microsoft dann auf diese Maßnahme.

Aber Cole schlug noch mehr vor: Windows solle so konstruiert werden, daß es in Kombination mit DR DOS abstürze - dies müßte jedoch so geschickt gemacht werden, daß andere DOS-Anbieter den Fehler nicht beheben könnten. "Vielleicht können wir ein paar geschickte Schachzüge machen, um die Konkurrenz auf die Tretmühle zu schicken", so Cole in dem Memo.

Cole, Silverberg und andere Microsoft-Spitzen diskutierten dann, wie diese „Schachzüge" vor der Presse und somit der Öffentlichkeit zu verbergen wären. Auf alle Fälle müßte die Schuld an der Fehlfunktion Digital Research angelastet werden. Auch innerhalb des eigenen Unternehmens sollten möglichst wenige von den Sabotageakten wissen.

Als besonders heikel für Microsoft könnte sich der Vermerk "Für die Entwickler ist es das wichtigste, die Abhängigkeit des Betriebssystems Windows von MS DOS weiter auszubauen" von Senior Vice-President Brad Silverberg erweisen. Das Justizministerium argumentiert derzeit, Microsoft habe auch bei der Internet-Zugangssoftware „Explorer" den Versuch unternommen, die Abhängigkeit vom Betriebssystem künstlich herzustellen. So solle das Quasi-Monopol bei Betriebssystemen auf das Internet ausgedehnt werden.

Sprecher von Microsoft werteten die Memos als nicht aussagekräftig. Sie seien bereits Anfang der 90er Jahre von der US-Kartellbehörde Federal Trade Commission und dem Justizministerium bei den damaligen Untersuchungen verwendet worden. Es wird an Bundesrichter Thomas Jackson sein, die genannten und viele andere E-Mails zu beurteilen.