Fakten-Check

SaaS ist nicht günstiger als On-premise, sagt Gartner

20.02.2009
Von 
Thomas Cloer war Redakteur der Computerwoche.
Die Martktforschungs- und Beratungsfirma Gartner hat einen "Fact Check" zu den fünf gängigsten SaaS-Annahmen (Software as a Service) veröffentlicht.

Die wachsende Popularität des Delivery-Modells SaaS habe eine Reihe von Annahmen hervorgebracht, schreiben die Experten. Für viele Unternehmen habe es sich allerdings als schwierig herausgestellt, in diesem Zusammenhang Wahrheit und Fiktion voneinander zu trennen. "Das Problem ist, das viele Firmen SaaS-Lösungen auf Basis dieser falschen Annahmen implementieren", warnt Robert DeSisto, Vice President und Distinguished Analyst von Gartner.

In Wirklichkeit steht es um SaaS laut Gartner derzeit wie folgt:

  • Annahme 1: SaaS kostet weniger als On-premises-Software. Trifft zu für die ersten zwei Jahre, aber nicht unbedingt für eine Fünfjahres-TCO (Total Cost of Ownership). SaaS-Anwendungen haben in den beiden ersten Jahren niedrigere TCO, weil sie keine großen Investitionen in Lizenzen oder Support-Infrastruktur erfordern. Im dritten Jahr und darüber hinaus kann aber On-premises-Software aus buchhalterischer Sicht günstiger sein, weil deren Anlagevermögen mit der Zeit abnimmt.

  • Annahme 2: SaaS ist schneller zu implementieren als On-premises-Software. Trifft für einfache Anforderungen zu, aber wachsende Komplexität und andere Faktoren kommen ins Spiel. Es ist für ein spezifisches Deployment riskant anzunehmen, dass SaaS generell schneller einzuführen ist. Die Anbieter prahlen oft mit Implementierungszeiten von 30 Tagen, verschweigen aber, dass so etwas sehr wohl auch sieben Monate dauern kann. Je komplexer die Geschäftsprozesse und die Integration, desto geringer wird der Vorsprung für SaaS gegenüber On-premise, weil ein größerer Prozentsatz der Deployment-Zeit für Anpassungen, Konfiguration und Integration draufgeht, die für beide Delivery-Modell gleich schwierig sind.

  • Annahme 3: SaaS wird als Utility-Modell bepreist. Trifft in den meisten Fällen nicht zu. Viele SaaS-Anbieter stellen sich als Utility-basierend dar (ähnlich wie ein Elektrizitätswerk) und behaupten, der Kunde zahle nur für seinen tatsächlichen Verbrauch. Dies ist aber in den meisten SaaS-Fällen falsch. Zumeist muss sich der Abnehmer auf einen vordefinierten Vertrag unabhängig von der tatsächlichen Nutzung einlassen. Manchmal eignet sich eine Anwendung für gemessene Nutzung (etwa eine E-Commerce-Applikation nach anfallenden Bestell-Transaktionen), doch sind insgesamt Utility-Beispiele deutlich in der Minderheit.

  • Annahme 4: SaaS integriert sich nicht mit On-premises-Applikationen und/oder -Datenquellen. Falsch. Für die Integrationen von Saas mit Anwendungen und Datenquellen vor Ort gibt es zwei Hauptmethoden. Die erste ist Batch-Synchronisation, für die zunächst die SaaS-Anwendung mit Daten befüllt werden muss. Nachdem dies geschehen ist, kann man die Daten inkrementell über einen Zeitplan abgleichen. Der zweite Weg ist Echtzeit-Integration über Web-Services. Überdies lassen sich beide kombinieren über einen Web-Service-Trigger, der auf einem Event im SaaS-Dienst basiert. Und noch ein weiterer, derzeit im Entstehen befindlicher Weg ist die Integration auf User-Interface-Ebene über Mash-ups.

  • Annahme 5: SaaS eignet sich nur für einfache, grundlegende Anforderungen. Falsch, auch wenn es noch Einschränkungen gibt. SaaS-Applikationen lassen sich auf Metadaten-Ebene weitreichend konfigurieren. Viele bietet Customizing-Fähigkeiten über Plattformen, die wiederum selbst als Service angeboten werden (APaaS). Es gibt Branchenbeispiele, wo mit SaaS/APaaS komplette Individualsoftware erstellt wurde. Allerdings gibt es noch Lücken bei komplexen End-to-end-Prozessen, die komplexe Workflows oder BPM-Fähigkeiten (Business Process Management) voraussetzen.

Wer das Ganze noch ausführlicher nachlesen will, kann bei Gartner für knapp 200 Dollar den Report "Fact Checking: The Five Most-Common SaaS Assumptions" bestellen.