SaaS erreicht Europa

19.06.2008
Immer mehr Softwareanbieter und IT-Dienstleister stellen sich auf die steigende Nachfrage nach Mietlösungen ein.

Die Nachfrage nach Software as a Service (SaaS) ist ungebrochen. In den USA sind mittlerweile viele Unternehmen zu dem Schluss gekommen, dass der Einsatz von Mietlösungen zumindest im Commoditiy-Bereich handfeste Vorteile bietet: Der Anwender muss nicht auf einen Schlag in teure Software investieren, sondern eine monatliche Miete zahlen. Zudem sind die meisten Angebote extrem transparent, was die Preise betrifft: So kostet das web-basierende Paket "Google Apps" - bestehend aus Textverarbeitung, Tabellenkalkulation und E-Mail - pro Endanwender 50 Dollar im Jahr. Der "Simple Storage Service" von Amazon ist für 15 Cent pro Gigabyte im Monat zu haben. Für Marktexperten gilt SaaS daher als Modell der Zukunft. "Firmen kaufen bald keine Gegenstände wie ERP-Systeme mehr - sie nehmen entsprechende Services in Anspruch", prognostiziert etwa Thornton May, Kolumnist bei "Computerworld", einer US-Schwesterpublikation von COMPUTERWOCHE.

Europa holt auf

Hatte sich das Geschäft mit Software zur Miete bislang vor allem auf die USA konzentriert, regt sich nun verstärkt auch Interesse in den europäischen Märkten. Den Marktforschern von Saugatuck Technology (Saugatech) zufolge springen vor allem Firmen in Großbritannien, den Beneluxländern und Skandinavien auf die Angebote an. Etwas langsamer reagierten Unternehmen in den anderen Ländern Europas. Dementsprechend bereiten sich immer mehr IT-Anbieter auf das Thema vor, beobachten die Experten. Dazu zählen neben SaaS-Spezialisten und Softwareherstellern auch unabhängige Softwarehäuser sowie IT- und TK-Dienstleister. Der Telekommunikationskonzern British Telecom etwa richtet sich mit dem "BT Applications Marketplace" an unabhängige Softwarehäuser, die eigene Produkte über BT-Rechenzentren an Firmen vermieten können. Noch beschränkt der britische Telefonriese die Online-Plattform allerdings auf den Heimatmarkt.

SaaS-Angebote aus Deutschland

Auch deutsche Firmen wie T-Systems und der zu Freenet gehörende Internet-Service-Provider Strato legen SaaS-Angebote auf. Strato hatte unlängst Mietangebote für Content-Management, Kundendatenbanken sowie ein Dokumenten-Management präsentiert, SAP hat eine Mietsoftware speziell für mittelständische Kunden entwickelt. Deutschland haben die Walldorfer neben den USA als wichtigsten Markt für das neue SaaS-System "Business Bydesign" ausgemacht. Ob das Produkt, bei dem SAP sowohl in Sachen Technik als auch Vermarktung neue Wege geht, seine Zielgruppe findet, ist aber noch nicht ausgemacht. Weitere Hersteller von Geschäftsapplikationen, die Mietprogramme offerieren, sind Sage Software, CAS Software AG und Oracle.

Neben den Anbietern von Applikationen investieren auch die Hersteller von Softwareinfrastruktur in Mietplattformen. Saugatuck sieht hier Microsoft als einen der Protagonisten. Microsoft-Partner und unabhängige Softwarehäuser (Independant Software Vendors, kurz ISVs) sollen Mietapplikationen auflegen, wobei der Branchenriese einerseits die entsprechende Software dazu liefern will, andererseits die Firmen aber auch mit Dienstleistungen unterstützt. Microsoft nehme das Thema SaaS mittlerweile sehr ernst und wolle ISVs helfen, ihr bisheriges Geschäft auf Mietlösungen umzustellen. Durch die Zunahme von Mietsoftware sehe der Konzern sein klassisches Softwaregeschäft bedroht, deshalb setze er alles daran, um auch im aufstrebenden SaaS-Markt zu dominieren.

Initiativen wie die von Microsoft laufen laut Saugatuck auf eine "Schlacht um die Partnernetzwerke" hinaus. Die meisten ISVs werden nur eine Softwareplattform für ihre SaaS-Aktivitäten auswählen, deshalb versuchen Firmen wie Microsoft, sich in diesem Umfeld auszubreiten. Von besonderem Interesse dürfte nach Ansicht der Analysten auch sein, welche Rolle die Open-Source-Technik im Vergleich zu proprietären Middleware- und Datenbankprodukten von Oracle, Microsoft und IBM spielen wird.

Wachstumsbremse Datenschutz

Was viele SaaS-Anbieter und solche, die es werden wollen, derzeit umtreibt, sind länder- oder branchenspezifische Regeln in Bezug auf Datenschutz und Sicherheit. So gibt es in der EU und in den USA unterschiedliche Vorgaben für den Umgang mit personenbezogenen Daten. Wer über sein Rechenzentrum eine Geschäftssoftware betreibt, muss die gesetzlichen Auflagen der Mieter in den unterschiedlichen Ländern berücksichtigen.

Auch die Regularien der Pharmaindustrie stellen die Anbieter vor Herausforderungen. Kundendaten müssen voneinander getrennt gehalten werden, um Richtlinien und Validierungsanforderungen zu genügen. Hier gilt es abzuwägen, wie sich die Vorschriften mit dem Konzept einer gemeinsamen Infrastruktur für eine Vielzahl von Mietern in Einklang bringen lässt. Den Gesprächen mit verschiedenen SaaS-Anbietern entnahm Saugatuck, dass die Debatte um den Schutz personenbezogener Daten, gesetzliche Auflagen und Sicherheit eher emotional als auf Fakten begründet geführt wird. Unbestritten ist aber, dass diese Themen der Branche besondere Kopfschmerzen bereiten: "Die Datenschutz-Problematik ist mit Abstand das größte Hindernis für das Wachstum des Hosting- und SaaS-Markts", so Nick Sharma, Senior Vice President Managed Services beim indischen IT-Dienstleister Satyam.