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Thema des Tages

Rosen: "Wir haben Altavista nicht verkauft."

30.06.1999
Thema des Tages

MÜNCHEN (COMPUTERWOCHE) – Auf der gestrigen Pressekonferenz zur Mehrheitsbeteiligung der Internet-Investmentgesellschaft CMGI Inc. an Compaqs Web-Portal Altavista bemühten sich alle Parteien, den Kauf-Charakter der Transaktion herunterzuspielen und statt dessen die Aspekte Partnerschaft und Zusammenarbeit herauszukehren. Compaqs Interims-CEO (Chief Executive Officer) Ben Rosen meinte wörtlich: "Wir haben Altavista nicht verkauft."

In dem Deal (CW-Infonet berichtete) erhält CMGI 83 Prozent der Internet-Suchmaschine, während die restlichen 17 Prozent beim texanischen Computerhersteller verbleiben, der außerdem einen Sitz im Vorstand behält. Im Gegenzug bekommt Compaq 2,3 Milliarden Dollar hauptsächlich in Aktien und wird somit der größte externe CMGI-Aktionär. Compaq erhält bei CMGI einen Sitz im Vorstand, der in den nächsten Monaten besetzt werden soll. Die Forschungslabore und Geschäftseinheiten beider Unternehmen werden künftig zusammen an neuen Internet-Technologien basteln. Als bevorzugtem CMGI-Partner eröffnen sich Compaq neue Distributionskanäle im Internet, da CMGI an einer Vielzahl populärer Web-Sites beteiligt ist.

CMGI-Chef David Wetherell erklärte, Altavista zum "Mega Portal" machen zu wollen. Dafür soll der aktuelle Service um eine Multimedia-Suchmaschine gegen Ende des Jahres sowie um zusätzliche Links und zirka 25 neue E-Commerce-Dienste erweitert werden. Dem Marktforschungsunternehmen International Data Corp. (IDC) zufolge liegt Altavista augenblicklich in den USA unter den ersten zehn und weltweit unter den ersten fünf der populärsten Internet-Seiten.

Gerüchte um eine geplante Veräußerung von Altavista waren unmittelbar nach Compaqs Übernahme von Digital Equipment Corp., der ehemaligen Eigentümerin der Web-Site, aufgetaucht. Anfang dieses Jahres hatte der Computerhersteller das Web-Portal dann als eigenständiges Tochterunternehmen ausgegliedert und einen baldigen Börsengang angekündigt. Der kränkelnde PC-Hersteller, der zu sehr mit dem Digital-Merger beschäftigt war und dessen Kerngeschäft eigentlich im Computer-Business liegt, hatte jedoch Probleme bei der Positionierung und Weiterentwicklung von Altavista im heiß umkämpften Portal-Markt. Angeblich verhandeln CMGI und Compaq seit 15 Monaten über eine mögliche Zusammenarbeit. Wetherell bestätigte auf der gestrigen Konferenz, daß ein Börsengang der Internet-Suchmaschine weiterhin geplant sei.

Mit CMGI als führendem Investment-Unternehmen im Internet-Portal-Markt hat Altavista nun zweifellos bessere Chancen sich zu behaupten. Unklar ist jedoch, ob Compaq davon noch profitieren kann. Zudem sehen Analysten CMGIs Beteiligung am Konkurrenzunternehmen Lycos mit fast 20 Prozent als kritisch an und vermuten, daß sich das Unternehmen von einer der beiden Sites trennen wird. Wahrscheinlich werde Lycos den kürzeren ziehen, da das Verhältnis zu CMGI durch Streitigkeiten auf Vorstandsebene getrübt ist. Als größter Aktionär hatte Wetherell den ursprünglich geplanten Merger zwischen Lycos und USA Networks hintertrieben, um sich selbst auf die Suche nach einem anderen Käufer machen. Der CMGI-CEO bestritt jedoch Spekulationen über einen Verkauf. Beide Suchmaschinen-Dienste ergänzten sich und würden einander kaum Konkurrenz machen. Zu einer potentiellen Zusammenführung beider Portale

meinte er vage: "Wenn es irgendeine Möglichkeit zur Zusammenarbeit geben sollte, würde das eine Menge doppelter Ausgaben einsparen." Insgesamt gäbe es durch zwei Portale mehr Kooperationsmöglichkeiten mit verschiedenen Firmen im Bereich Medien, Computer und Kommunikation.