IT-Projekt in Großbritannien

Rollout des Patientensystems löst Chaos aus

07.08.2008
Von 
Sabine Prehl ist freie Journalistin und lebt in München.
Die Pannen und Probleme des IT-Projekts der britischen Gesundheitsbehörde reißen nicht ab.

Das IT-Projekt der britischen Gesundheitsbehörde NHS (National Health System) sorgt wieder für Negativschlagzeilen. Der im Juni dieses Jahres erfolgte Rollout der neuen Version des Patientensystems "Cerner Millennium" in einem Krankenhaus in Hampstead hat offenbar zu chaotischen Zuständen geführt. Zeitungsberichten zufolge mussten die Angestellten des Krankenhauses wieder auf Papier umsteigen, weil die Software auch Wochen nach der Einführung noch nicht lief. "Das ganze System ist zusammengebrochen. Zehn Tage lang herrschte pures Chaos", schilderte ein IT-Mitarbeiter. "Wir sind herumgerannt wie kopflose Hühner."

Die Leitung der 900-Betten-Klinik von Hampstead hält die Berichte für übertrieben. Es sei "sicherlich nicht korrekt", die Situation als chaotisch zu bezeichnen. "Ein neues, derart komplexes System verursacht immer Probleme, das lässt sich gar nicht vermeiden. Die Belegschaft muss sich schließlich an völlig neue Arbeitsweisen und Prozesse gewöhnen", hieß es in einer Stellungnahme. "Insgesamt 4000 Menschen mussten bei der Implementierung geschult werden, die Vorbereitung dauerte mehrere Monate." Mittlerweile laufe das System. Und die Vorteile des Einsatzes - das Krankenhaus personal kann Patienendaten, Diagnosen und Tests auf einen Blick erfassen - kämen bereits zum Tragen.

Auch die Einführung der Software im Milton Keynes Hospital Anfang Juli verlief nicht reibungslos. Hinzu kamen Probleme, die Mitarbeiter auf das neue System zu schulen. Und das Krankenhaus von Bath hat den Rollout der Software mittlerweile gestoppt. Einer Sprecherin zufolge begannen die Probleme, nachdem der Hauptlieferant Fujitsu Services den Vertrag im Mai gekündigt hatte. Man sei in Verhandlungen mit den anderen Providern CSC und BT. Diese bewerben sich jetzt um die Arbeiten, die Fujitsu ursprünglich übernehmen sollte. Ihre Chancen, entsprechende Aufträge an Land zu ziehen, stehen gut. Nach den Erfahrungen mit Fujitsu ist aber anzunehmen, dass die Kliniken zusätzliche IT-Dienstleister ins Boot holen werden, um sich nicht zu abhängig zu machen.