Erste gemeinsame Fachtagung von PKW, IPA und IMT:

Roboterschub im Montagebereich erwartet

07.12.1984

DÜSSELDORF (ru) - Weltwelt gibt es heute mehr als 40 000 Roboter-Applikationen und etwa 300 verschiedene Robotertypen. Gut 200 Hersteller beschäftigen sich mit der Entwicklung und Produktion dieser Arbeitsplatz-Rationalisierer. Zahlen, die auf einer zweitägigen Roboter-Fachtagung in Neuss bekanntwurden. Es war die erste gemeinsame Veranstaltung der Landesgruppe Nordrhein-Westfalen des RKW, des Fraunhofer Instituts für Produktionstechnik und Automatisierung (IPA) und des Instituts für Management Training (IMT).

Ende vergangenen Jahres waren in der Bundesrepublik 4800 Roboter im Einsatz. Zehn Jahre zuvor gerade 130. Eine sprunghafte Entwicklung, die hauptsächlich dem Bedarf der Automobilindustrie entspringt. Zu den weiteren großen Abnehmern von Industrierobotern gehören die elektronischen Betriebe sowie Hersteller keramischer Produkte.

Jeder neunte Roboter ist heute in einem Betrieb mit weniger als 500 Beschäftigten zu finden. Eingesetzt werden sie hier zum Beschichten sowie als Handhabungsautomaten an Pressen und Druckgießmaschinen. Wenn die Montage durch Roboter derzeit auch noch in den Anfängen steckt, so wird sie in den kommenden Jahren eines der großen Felder für Applikationen sein.

Roboter haben noch erhebliche Probleme beim Entpallettieren

Einer Studie zufolge aber wird der Montageroboter in der Zukunft, gemessen an den gesamten Investitionen der Montageautomatisierung nur einen kleinen Teil einnehmen. Zu den Standard-Anwendungen gehört derzeit das Palettieren. Schwierigkeiten gibt es, erklärt Dr. Abele vom IPA in Stuttgart, noch beim Entpalettieren. Die Maschine muß die Lage der Teile erkennen. Möglich ist dies aber nur mit Hilfe der Sensortechnik. Das gilt auch für den Einsatz bei Entgrat- und Großputzarbeiten. Die Sensoren zur adaptiven Steuerung seien noch in der Entwicklungsphase. Allerdings, so Abele, dürften weniger die Sensoren als vielmehr die Schnittstellen das eigentliche Problem sein. Zu den Anwendungsgebieten der Zukunft gehören das Bestücken von Leiterplatinen, das Plasmatrennen und Wasserstrahlschneiden sowie die Kabelbaummontage.

Noch einmal zurück zu den Montagerobotern: Bei den Sensoren, heißt es, zeichnet sich für die folgenden Jahre ein Preisverfall ab, so daß sich Greifen, Sehen und Hören zur Standardausrüstung von Robotern entwickelt. Durch Sprachkennungssysteme ergibt sich ferner eine wesentlich einfachere Programmierung, was wiederum den Einsatz bei Montagearbeiten vereinfacht.

Fachleute erwarten bei Robotern einen starken Preisverfall

Gleichzeitig erwarten Fachleute für die kommenden Jahre eine erhebliche Preisabflachung bei Robotern, der mit dem der Hardware in der DV-Industrie verglichen wird. Über die Höhe gehen die Meinungen der Experten derzeit noch auseinander.

Michael Lauber von der Zeitschrift "impulse" konstatierte, daß jede Industrietätigkeit des Menschen durch Roboter ersetzbar sei. Doch könnten die Maschinen nicht die Fähigkeiten des Menschen ersetzen. Branchenkenner gingen auf der Fachtagung davon aus, daß bis zum Jahre 2000 zwischen 150 000 und 200 000 Arbeitsplätze allein im Montagebereich gefährdet seien. Dagegen würden nur 20 000 neue Arbeitsplätze entstehen. Den eigentlichen Schwarzen Peter schob man der Mikroelektronik zu, die weitaus höhere Freisetzungseffekte heraufbeschwöre.

Keineswegs ausgehen könne man von einer "Humanisierungstechnologie Roboter", erklärte Dr. Werner Wobbe-Ohlenburg, Mitarbeiter des Soziologischen Forschungsinstitutes Göttingen (SOFI). Es gäbe beim Robotereinsatz nicht nur positive Momente wie die Beseitigung schmutz- und lärmintensiver Arbeitsplätze. Für die

meisten Arbeitnehmer hätten sich durch die Installierung von Robotern die Arbeitsbedingungen nicht verbessert, in einzelnen Fällen müsse gar von einer Verschlechterung gesprochen werden. Dazu gehöre die soziale Isolation, die Monotonie bei der Arbeitsausführung und verstärkte mentale Belastungen, die aus dem erhöhten Uberwachungs-und Kontrollaufwand resultierten. Darüber hinaus werden durch die Taktbindung an den Roboter die räumlichen und zeitlichen Spielräume des Arbeiters eingeschränkt. Betroffen von Roboterisierung seien zudem eher Arbeiten mit höherem Qualifikationsniveau wie Schweißen und Lackieren.