RWI: Auch Qualifizierung bestimmt die Sicherheit des Arbeitsplatzes

Roboter nicht mehr am Pranger

24.04.1987

ESSEN (lo) - Die Rolle des Computers als "Jobkiller" wird zunehmend angezweifelt. Nach einer Studie des Rheinisch-Westfälischen Instituts für Wirtschaftsforschung (RWI) gefährdet der Einsatz neuer Technik die Arbeitsplätze nicht unmittelbar. Wohl aber beeinflußten "Nachfrageverläufe" sowie Qualifizierungswandel den Bestand an Jobs.

Die weitverbreitete These, Mikroelektronik verursache die anhaltend hohe Arbeitslosigkeit, unterstützt die Studie "Neue Technologie und sektoraler Beschäftigungsverlauf" demnach nicht.

Arbeitsplatzgewinne oder -verluste ließen sich nicht allein auf den Einsatz neuer Techniken zurückführen. Die Beschäftigungsquote hänge von einer Vielzahl von Faktoren ab, beispielsweise auch von der Nachfrageentwicklung. Die Chancen für Beschäftigte in innovativen Bereichen sollten deshalb jedoch nicht durch eine rosarote Brille gesehen werden. Allerdings seien sie keinesfalls schlechter als in Branchen mit überwiegend traditioneller Technik, so ein RWI-Ergebnis beispielsweise über Trends in der Einkommensentwicklung der vergangenen fünfzehn Jahre. In einigen Sektoren verschoben sich die Eingruppierungen deutlich nach oben.

Rutschen die Arbeitnehmer in mittlere oder obere Lohngruppen, steigen naturgemäß die Qualifizierungsanforderungen. Die Studie führt als Beispiel den Bereich Großhandel an. Dort fielen durch den Einsatz von Warenwirtschaftssystemen Tätigkeiten von Lagerarbeiten weitgehend weg. Um die moderne Technik zu "fahren", engagierten die Unternehmen Bürokaufleute und Programmierer.

RWI-Zahlen belegen: Wirtschaftszweige mit modernen Informations- und Produktionstechniken konnten zwischen 1970 und 1984 - dem Untersuchungszeitraum der Studie - etwa 200 000 Arbeitnehmer mehr einsetzen. Einzelne Branchen des verarbeitenden Gewerbes wie die Kunststoffherstellung, der Fahrzeugbau sowie Handel, Verkehr und einige private Dienstleistungsbereiche hinzugezählt, ergeben zusätzlich 500 000 Arbeitsplätze, weist die RWI-Studie aus.

Allerdings gingen während der vergangenen 15 Jahre in den übrigen Branchen zugleich rund eine Million Arbeitsplätze verloren, bilanziert das Essener Institut gleichfalls. Versäumter oder verzögerter Einsatz von Technik wiederum sei nicht unbedingt für den Abbau von Arbeitsstellen verantwortlich zu machen.

Was unter neuer Technik im Detail zu verstehen sei, läßt die Studie nur an der Oberfläche erkennen. "Industrieroboter" oder "computerisierte Bürotechnik" nämlich verursachten, schlußfolgert das RWI, "in kausaler Form" keine Arbeitsplatzverluste. Im Gegenteil: Modern technisierte Unternehmen erreichten eine breitere Angebotspalette und somit erhöhte Wettbewerbsfähigkeit.