Noch hüllen sich die Beteiligten in Schweigen, aber

RISC-Pakt zwischen Bull und HP scheint beschlossene Sache

17.01.1992

PARIS (IDG) - Die Spekulationen über eine technische Allianz zwischen der Groupe Bull und der Hewlett-Packard Co. (HP) reißen nicht ab. Im Gegenteil: Die offizielle Bekanntgabe, künftig gemeinsam RISC-Prozessoren zu entwickeln, erwarten Branchen-Insider noch im Januar. Auch eine finanzielle Beteiligung des US-Minicomputer- und Workstation-Anbieters an Bull scheint bei den Gesprächen eine Rolle zu spielen.

Daß der französische Computermulti trotz seiner Mitgliedschaft beim ACE-Konsortium auf der Suche nach einer anderen RISC-Allianz ist, hatte sich schon im November angedeutet, als Bull die am Markt verfügbaren RISC-Technologien zu testen begann - die Workstations in den USA, die Server in Frankreich. Wie verlautete, schnitt HPs Precision-Architektur bei den Versuchen am besten ab.

Zunächst aber nahm der Staatskonzern Verhandlungen mit der IBM auf, denen bald darauf Gespräche mit HP folgten. Die ACE-Beteiligung, so mutmaßten Branchenexperten denn auch gleich, sei für die Groupe Bull nur noch Makulatur, ihr Austritt stehe kurz bevor.

Obwohl weder Bull noch die IBM und HP zu einer Stellungnahme über eventuelle Allianzen bereit waren, erhielten die Gerüchte über den HP-Bull-Deal Ende Dezember neue Nahrung, als es zu einem Treffen zwischen Bull-President Francis Lorentz und HP-Chef John Young in Paris kam. Beide Seiten spielten zwar die Bedeutung der Zusammenkunft herunter, doch erklärte ein Bull-Mitarbeiter der französischen CW-Schwesterpublikation "Le Monde lnformatique": "Auch wenn unser Management die Unterzeichnung des Abkommens abstreitet, wissen wir bereits, daß der Deal mit HP im Prinzip über die Bühne ist." Zwar seien einige Details noch unklar, doch stehe fest, daß es sich dabei zunächst um eine OEM-ähnliche Vereinbarung handele, die dem Vertrag mit der japanischen NEC in bezug auf das Betriebssystem GCOS 7 gleichkomme.

Der franko-amerikanische Pakt wäre nach Meinung von Branchenkennern für beide Unternehmen von Vorteil. Während HP über den Pariser Computerhersteller ins französische Behörden- und Staatsgeschäft gelangen könnte, würde die von anhaltenden Verlusten gebeutelte Groupe Bull wohl auch in finanzieller Hinsicht profitieren können. So gehen im Industrieministerium Gerüchte um, daß Hewlett-Packard versprochen haben soll, Bull bei der Neukapitalisierung zu unterstützen die Höhe der Finanzspritze werde aber noch diskutiert. Von Bull verlautete, man werde dazu rund zehn Milliarden Franc (knapp drei Milliarden Mark) in den kommenden fünf Jahren benötigen, die französische Regierung will aber nur etwa drei Milliarden Franc zur Verfügung stellen.

Da der Staat ohnehin erwägt, seine Anteile von 76 Prozent zusammen mit den 17 Prozent der staatlichen France Telecom sind es gar 93 Prozent - an der Staatsholdig Compagnie des Machines Bull auf 51 Prozent zurückzuschrauben, scheint selbst eine Beteiligung des amerikanischen Computerherstellers an Bull im Bereich des Möglichen zu sein. Im letzten Jahr hatte sich bereits der langjährige Partner NEC an Frankreichs Computermulti mit 4,7 Prozent beteiligen dürfen.