RISC-Hersteller holen gegenueber Digitals Alpha-CPU auf SPEC publiziert erste Ergebnisse seiner neuen Benchmark-Suiten

13.10.1995

MUENCHEN (CW) - Das Spec-Konsortium hat seine Benchmarks auf eine neue Basis gestellt und damit der Technologieentwicklung bei PC- und Server-Systemen Rechnung getragen. Die ersten Ergebnisse fuer die Spec-95-Testlaeufe liegen bereits vor.

Das Spec-Gremium (Standard Performance Evaluation Corp.) sah sich zur Entwicklung neuer Benchmarks genoetigt, weil die Spec-92-Tests nicht mehr der heutigen Applikationswirklichkeit Rechnung tragen. Auch fuehrte die sprunghaft gestiegene Leistungsfaehigkeit heutiger Prozessoren dazu, dass manche Tests schlicht in zu kurzer Zeit abliefen. Das wiederum konnte bei nur geringfuegigen Messwertveraenderungen zu erheblichen Ergebnisschwankungen fuehren

(vgl. CW Nr. 38 vom 22. September 1995, Seite 35: "Hardware- Anbieter koennen...").

Ab Juni 1996 wird Spec keine Testergebnisse mehr fuer die alten Spec92-Suiten veroeffentlichen. Fuer Anwender, die Interesse an den Testsuiten haben, besteht keine Moeglichkeit, die alten in die neuen Benchmarks zu konvertieren. Wie Spec betont, wurden die 95er Suiten komplett neu geschrieben. Auch koennen alte nicht mit neuen Ergebnissen gleichgesetzt oder auch nur verglichen werden.

Erste veroeffentlichte Resultate belegen, dass die Digital Equipment Corp. (DEC) mit ihren Alpha-Prozessoren gegenueber den Konkurrenz- CPUs von HP und IBM sowie Sun an Boden verliert. Zwar ist die 300- Megahertz-Variante des "21164"-Alpha-Chips in puncto Rechenleistung immer noch absolute Spitze. Vergleicht man aber unterschiedliche RISC-Prozessoren - etwa die HP-PA7100LC- mit der Alpha-21064-CPU - mit gleicher oder aehnlicher Taktrate, so aendert sich das Bild (vgl. Grafik).

Prinzipiell gibt es verschiedene Moeglichkeiten, Computer auf ihre Leistungsfaehigkeit hin zu pruefen. Fuer Anwender optimal waere, wenn sie ihre Alltagsanwendungen mit in Testlaeufe einbeziehen koennten. In der Praxis sind solche Pruefungen aus zeitlichen und finanziellen Gruenden jedoch selten durchfuehrbar. Schliesslich muessten die oft sehr komplexen Applikationen auf unterschiedliche Rechnersysteme mit gaenzlich verschiedenen Prozessorarchitekturen portiert werden.

Aus diesem Grund behilft sich die Branche mit genormten und industrieweit anerkannten Benchmarks. Diese garantieren zumindest annaeherungsweise Vergleichswerte fuer die wesentlichen Rechnersysteme am Markt.

Das Spec-Gremium hatte sich, als es im Oktober 1989 erstmals auf den Plan trat, auf Rechner fuer Unix-Umgebungen konzentriert. Auch die Spec-95-Tests sprechen zunaechst nur dieses Betriebssystem an.

Das Konsortium baute allerdings fuer die Zukunft vor: Fuer die Spec- Benchmarks entwickelte es nur solche Einzeltests und Softwarewerkzeuge, die zu Posix- und ANSI-Standards konformen, standardisierten Entwicklungsumgebungen passen. Je nachdem, wie gross die Nachfrage sei, werde man, so das Industriegremium, Benchmark-Versionen auch fuer andere Betriebssysteme nachschieben. Gedacht sei etwa an Windows NT. Eine Variante fuer das Microsoft- System sei in Vorbereitung.

Die Spec-Tests pruefen die Rechenleistung von CPUs und deren nachgeordnete Speicherarchitektur sowie im Einsatz befindliche Compiler. Sie beruecksichtigen jedoch keine Subsysteme wie Grafik-, Netz- oder I/O-Komponenten. Da jedoch fuer das Gesamtverhalten insbesondere von Servern etwa die Leistungsfaehigkeit schneller Festplatten von einiger Bedeutung ist, sind auch die Spec- Ergebnisse nur von eingeschraenkter Aussagekraft.

Wie schon bei den Testvorlaeufern Spec89 und Spec92 testen die neuen Benchmarks zum einen das reine Rechenvermoegen der Prozessoren. Hierbei beruecksichtigen die Suiten sowohl die Integer- als auch die Fliesskommarechenleistung. Die Ergebnisse werden angegeben in Specint95 (Integeroperationen) beziehungsweise Specfp95 (Fliesskommaoperationen).

Der Specint95-Wert stellt dabei das geometrische Mittel von acht in C geschriebenen Einzeltests dar, die unter anderem Datenbankaufgaben simulieren. Die Specfp95-Werte ergeben sich aus dem geometrischen Mittel von zehn in Fortran geschriebenen Tests, die vor allem Aufgaben aus dem naturwissenschaftlichen Bereich nachstellen.

Bei diesen Testlaeufen bleibt es den Herstellern ueberlassen, die verwendeten Compiler zu tunen. Die Ergebnisse koennen, muessen aber nicht veroeffentlicht werden.

Bei Basiswerten darf nicht mehr getrickst werden

Obligatorisch ist hingegen, Integer- und Fliesskommawerte zu publizieren, bei denen die Compiler exakt vorgeschrieben sind. Bei diesen Specint-base95- und Specfp-base95-Suiten duerfen nur gleiche Compiler-Flags verwendet werden, die ueberdies in einer festgelegten Reihenfolge gesetzt sein muessen. Vor allem diese Ergebnisse duerften deshalb in Zukunft das erhoehte Interesse von Anwendern finden.

Neben der reinen Prozessorleistung ist darueber hinaus der Durchsatz eines Rechnersystems von Bedeutung. Hierbei muss ein System zeigen, wie viele Aufgaben es in einer vorgegebenen Zeit erledigen kann.

Auch diese Suiten unterteilen sich in solche fuer Integer- und Fliesskommabelastungen sowie in Testreihen, bei denen die Compiler- Nutzung nicht oder eben sehr genau vorgeschrieben ist. Die Ergebnisse werden angegeben in Specint-rate-base95 und Specfp-rate-base95 fuer die Suiten mit normierter Compiler-Nutzung. Freie Bahn fuer Tuning-Einfaelle haben die Rechnerhersteller bei den mit Specint-rate95 und Specfp-rate95 bezeichneten Werten.