Richtlinien zur Durchführung von EDV-Projekten beim Staat:Automatisierung nach bayerischem Schnittmuster

16.06.1978

MÜNCHEN (ee) - Für die Einführung automatisierter Verfahren im staatlichen Bereich Bayerns gibt's seit 1. Januar 1978 neue Richtlinien. Die Richtlinien sind im Bayerischen Staatsanzeiger Nr. 11 veröffentlicht. Für Anwender in der Wirtschaft stecken diese Richtlinien voller Anregungen: zeigen sie doch, in welchen Schritten Beamte bei der Einführung computerunterstützter Arbeitsvorgänge vorgehen. Auszugsweise veröffentlichen wir Teile aus den Richtlinien:

4. Projektdurchführung

4.1

Projektabschnitte

Ein ADV-Projekt soll in der Regel in Abschnitten durchgeführt werden. Projektabschnitte sind

- Voruntersuchung,

- Hauptuntersuchung,

- Ausführung.

Vor- bzw. Hauptuntersuchung können entfallen wenn bei Projektbeginn bereits ein Kenntnisstand vorliegt, wie er der Abwicklung dieser Abschnitte entspricht.

4.2

Voruntersuchung

4.2.1

Zweck der Voruntersuchung ist es, festzustellen, ob die Automatisierung der Aufgabe zweckmäßig, wirtschaftlich und durchführbar ist.

4.2.2

Der Bericht über die Voruntersuchung soll insbesondere enthalten

- - eine Darstellung, Analyse und Bewertung des Ist-Zustands aufgrund einer groben Aufgabenuntersuchung,

- eine Beschreibung alternativer Lösungsvorschläge mit einer Grobplanung für ihre Verwirklichung,

- - eine vergleichende Bewertung der Lösungsvorschläge mit einer überschlägigen Wirtschaftlichkeitsbetrachtung,

- die Empfehlung einer bestimmten Lösungsalternative,

- einen Entscheidungsvorschlag für das weitere Vorgehen .

4.3

Hauptuntersuchung

4.3.1

Zweck der Hauptuntersuchung ist es, die fachlichen Anforderungen an das ADV-Verfahren im einzelnen festzulegen, ein zweckmäßiges Sollkonzept auszuarbeiten, und dessen Wirtschaftlichkeit eingehend zu überprüfen.

4.3.2

Der Bericht über die Hauptuntersuchung soll insbesondere enthalten

- eine Darstellung, Analyse und Bewertung des Ist-Zustandes aufgrund einer eingehenden Aufgabenuntersuchung,

- eine Beschreibung des Sollkonzepts mit der Darstellung der Arbeitsabläufe und der Schnittstellen zu anderen Verfahren und Systemen,

- eine Beschreibung der Maßnahmen, zur Datensicherung und zum Datenschutz, - eine Wirtschaftlichkeitsrechnung,

- einen Entscheidungsvorschlag für das weitere Vorgehen mit einer Zeit- und Kostenplanung.

4. 4

Ausführung

Die Ausführung umfaßt

- die Detailorganisation des Verfahrens,

- die Programmierung,

- den Verfahrenstest und die Verfahrensfreigabe,

- die Einführung des Verfahrens.

4.4.1

Detailorganisation

Die Detailorganisation umfaßt die vollständige Ausgestaltung der konventionellen und maschinellen Arbeitsabläufe einschließlich der Arbeitsanweisungen für Fachverwaltung und ADV-Bereich und die Ausarbeitung der Programmvorgaben .

4.4.2

Programmierung

Die Programme sind nach den Vorgaben zu erstellen. Dabei ist mit Hilfe von Programmierrichtlinien und standardisierten Methoden für Programmentwicklung und -dokumentation eine rationelle Programmpflege sicherzustellen.

4.4.3

Verfahrenstest und Verfahrensfreigabe

ADV-Verfahren können von der auftraggebenden Stelle zur Anwendung erst freigegeben werden, wenn sie ausreichend getestet sind und die Verfahrensdokumentation vollständig vorliegt. Der Verfahrenstest soll die Funktionsfähigkeit und die Betriebssicherheit aller Verfahrensteile nachweisen. Bei der Auswahl der Testfälle ist die fachliche Mitwirkung sicherzustellen.

Mit der Verfahrensfreigabe übernimmt die auftraggebende Stelle die Verantwortung, daß die für die Ordnungsmäßigkeit und Sicherheit des Verfahrens erkennbar erforderlichen Maßnahmen getroffen worden sind.

Kann ein Verfahren aus zwingenden Gründen vor dem Zeitpunkt der Anwendung nicht freigegeben werden, so kann die auftraggebende Stelle nach einem fehlerfreien Test einer Anwendung vorläufig zustimmen. Die Freigabe ist unverzüglich nachzuholen.

Bei Verfahrensänderungen hat die auftraggebende Stelle zu entscheiden, ob Art und Umfang der Änderungsmaßnahmen eine neuerliche Verfahrensfreigabe erforderlich machen.

4.4.4

Verfahrenseinführung

Die auftraggebende Stelle hat alle für die Einführung des Verfahrens erforderlichen Maßnahmen rechtzeitig zu veranlassen.

5. Verfahrensdokumentation

5.1

Zur Dokumentation des Verfahrens gehören auch die Berichte zur Vor- und Hauptuntersuchung (Entwicklungsdokumentation).

5.2

Die Dokumentation für das eingesetzte Verfahren ist vollständig, wenn sie mindestens folgende Unterlagen enthält:

- Aufgabenstellung und Zielsetzung des ADV-Verfahrens,

- vollständige und eindeutige Beschreibung der Arbeitsabläufe einschließlich der Kontrollen in der Fachverwaltung und im ADV-Bereich,

- Dienst-, Arbeits- und Bedienungsanweisungen,

- Beschreibung der Datenorganisation mit Datei- und Satzaufbau, Schlüssel- und Symbolverzeichnissen, Vordruckmustern und Listenbildern,

- Beschreibung der Maßnahmen zur Datensicherung und zum Datenschutz,

- Dokumentation aller Anwendungsprogramme mit Aufgabenstellung, Darstellung von Programmaufbau und -ablauf, Auflistung des Quellenprogramms mit Programmübersetzung (Umwandlungsliste),

- Testfälle mit Sollergebnissen sowie die Unterlagen für den Verfahrenstest (ggf. Hinweis auf den Standort bei gesonderter Aufbewahrung),

- Nachweis der Änderungen von Verfahrensteilen,

- Niederschrift über das Ergebnis des Verfahrenstests und die Verfahrensfreigabe.

5.3

Bei allen am Verfahren beteiligten Stellen müssen die für die Arbeitserledigung jeweils erforderlichen Teile der Verfahrensdokumentation nach dem letzten Stand verfügbar sein.