Arbeitsplatz-Ausstattung als Signal der Wertschätzung

Richtige Büroeinrichtung erhöht die Motivation der Mitarbeiter

13.10.1989

Die Büroausstattung zählt zu den wichtigsten Leistungen des Unternehmens für seine Mitarbeiter. Mehr Wohlbefinden im Büro bedeutet mehr Produktivität und weniger Ausfall durch Krankheit. Auch wird der Informationsaustausch zwischen den Kollegen durch eine zufriedenstellende Büroeinrichtung gefördert. Peter Steding* beschreibt, wie wichtig die Arbeitsumgebung für die Motivation der Mitarbeiter ist.

"Sage mir, wie Du wohnst, und ich sage Dir, wer Du bist." Die meisten Schreibtischtäter verbringen mehr Zeit in ihrem Büro als in ihrem Wohnzimmer. Nur wenige von ihnen können sich ihren Arbeitsplatz so einrichten, daß sie sich wie zu Hause fühlen. Alle anderen müssen mit dem vorliebnehmen, was ihr Arbeitgeber für notwendig hält; und das ist meistens nicht viel. Die Arbeitsumgebung übt jedoch entscheidenden Einfluß auf die Mitarbeitermotivation aus. Sollte das nicht Grund genug sein, Büroeinrichtung als Kommunikationsaufgabe aufzufassen und umzusetzen?

Rund 25 000 Mark gaben deutsche Unternehmen 1988 im Durchschnitt für die Ausstattung eines Büroarbeitsplatzes aus - immerhin fast das Fünffache des Betrages, den amerikanische Unternehmen investieren. Wohnlichkeit in einem Büro ist jedoch weniger eine Geldfrage, sondern eher eine Frage der Einstellung. Hohe Wertschätzung läßt sich gut durch eine liebevolle Arbeitsplatzausstattung ausdrücken. Und ein Mitarbeiter, der sich in seinem Unternehmen zu Hause fühlt, wird sein Büro auch selbst entsprechend einrichten. Sind die Angestellten jedoch nur "Verbrauchsmaterial" oder Produktionseinrichtung, kann die Arbeitsplatzausstattung auf das absolute Mindestmaß beschränkt bleiben. So passen auch vier Mitarbeiter in ein Zwanzig-Quadratmeter-Büro. Hoher Krankheitsstand und lebhafte Fluktuation sorgen dann dafür, daß die Luft im Büro nicht zu dünn wird.

Das Platzangebot für Mitarbeiter ist ein Hinweis, welcher Raum zur Entfaltung gegeben wird. Das ist nicht zwingend von der Hierarchischen Position abhängig. So finden sich Büroräume mit zwei, drei oder mehr Personen bevorzugt in Unternehmen, die ihre Mitarbeiter überwiegend unter formalen Gesichtspunkten führen. Einzelbüros sind eher typisch für zielorientierte Führung mit weitgehender Entscheidungsfreiheit des Einzelnen über den Weg zum Ziel. Deutlich wird die Einteilung des Unternehmens, wenn die Büros analog der hierarchischen Position und der damit verbundenen Entscheidungskompetenz wachsen.

Eine Sonderrolle spielen die einst hochgelobten und heute wieder kritisch betrachteten Großraumbüros. Sie suggerieren durch ihre Ausdehnung Freizügigkeit und Großzügigkeit bei äußerst ökonomischer Raumnutzung. Ihre Stärke ist jedoch gleichzeitig ihre Schwäche: Der einzelne Mitarbeiter steht unter permanenter Beobachtung durch seine Kollegen oder Vorgesetzten und hat kaum eine Möglichkeit, sich temporär zurückzuziehen.

Die Palisanderschrankwand galt früher als das Sinnbild des Aufstieges. Niedere Chargen erhielten Blechtische, die mittlere Etage durfte auf Schleiflack arbeiten und nur die oberste Führung stattete ihren Arbeitsplatz mit Wohnmöbeln aus. Heute sind die Einrichtungen weitgehend nivelliert einfallslos und zweckmäßig. Nicht ganz unschuldig daran sind die Berufsgenossenschaften mit ihren Vorschriften über das Reflexverhalten von Arbeitsflächen. Erstaunlich ist nur, wieviele Büroarbeiter die "augenfreundliche" Schreibtischfläche mit Schreibunterlagen oder Kalendern in allen Regenbogenfarben abdecken. Welche Möbel würden wohl beschafft werden, wenn die Mitarbeiter selbst entscheiden könnten?

Tapeten und Fußbodenbeläge tragen maßgeblich zum Eindruck von Räumen bei. Sie können farblos, aber zweckmäßig sein. Sie können auch das Wohlbefinden steigern. Noch stärkere Wirkung geht von Bildern, und Blumen aus. Auch die Arbeitsplatzbeleuchtung erzeugt eine ganz bestimmte Stimmung. Nicht jeder Mitarbeiter ist engagiert und kundig genug, um diese Ausstattung selbst in die Hand zu nehmen. Dem Unternehmen bietet sich jedoch die Möglichkeit, seine Grundhaltung den Beschäftigten gegenüber augenfällig unter Beweis zu stellen.

Professionelle Ausstatter von Hotelzimmern verbringen Tage und Wochen mit der Abstimmung von Tapeten, Teppichböden und Möbeln. Dabei verbringt der Gast häufig nur eine Nacht im Zimmer. Ein Büro hingegen dient seinen Benutzern für ein Fünftel ihres Lebens als zweites Zuhause. Deshalb sollte es auch von Profis so eingerichtet werden, daß es dieser Aufgabe gerecht wird.

Systematische Marktkommunikation bezieht alle Forme des Informationsaustausches, die Vermittlung von Leitbild, Identität und Leistung ein. Die Büroausstattung ist eine der wichtigsten Leistungen des Unternehmens für seine Mitarbeiter. Mehr Wohlbefinden im Büro bedeutet mehr Produktivität und weniger Ausfall durch Krankheit. Allein dieser Nutzen rechtfertigt den Aufwand.

* Peter Steding ist Geschäftsführer des Instituts für Systematische Marktkommunikation ISM in Lautertal.