Umstrittenes Urteil gegen MP3.com

Richter will im Streit um Internet-Musik ein Zeichen setzen

15.09.2000
MÜNCHEN (CW) - Das Urteil im Rechtsstreit zwischen MP3.com und Universal soll Zeichen setzen. Das hohe Strafmaß - 25 000 Dollar pro CD - versteht der Richter vor allem als Warnung an die anderen MP3-Musikanbieter, die wegen Urheberrechtsverletzungen unter Beschuss gerieten - etwa die Online-Tauschbörse Napster.

Das Urteil von Richter Jed Rakoff trifft MP3.com hart: Für jeden Tonträger, bei dem sich nachweisen lässt, dass das Urheberrecht verletzt wurde, muss die Internet-Firma 25000 Dollar Schadensersatz an die zum Seagram-Konzern gehörende Plattenfirma Universal zahlen. Nach den Worten des Richters soll das Urteil im Fall MP3.com als Abschreckung für alle anderen Anbieter dienen, die Musik im Internet zur Verfügung stellen. Offenbar ist er der Ansicht, im Hinblick auf das Copyright-Gesetz müsse endlich ein Machtwort gesprochen werden.

Handelte MP3.com vorsätzlich?Angesichts der drakonischen Strafe drängt sich jedoch die Frage auf, ob MP3.com nicht für die illegalen Handlungen anderer Anbieter herhalten muss. In Juristenkreisen ist auch nach dem Urteil noch umstritten, ob das Unternehmen tatsächlich vorsätzlich gegen das Gesetz verstoßen hat. Richter Rakoff, der MP3.com bereits im April dieses Jahres für schuldig erklärt, damals aber noch keine Strafe festsetzte, ist nach wie vor davon überzeugt, dass die Internet-Company durch das Bereitstellen Copyright-geschützter Musik auf ihren Servern die Rechte der Plattenfirmen wissentlich verletzt hat. Stein des Anstoßes ist der Service My.mp3.com, mit dem Anwender Musikstücke gekaufter CDs im MP3-Format in der Datenbank von MP3.com speichern und dann von jedem Rechner der Welt aus abspielen können. Dabei geht es dem Richter nicht darum, dass über den Service via Internet Musik an unautorisierte Personen weitergegeben wird, was einen Umsatzrückgang der Plattenfirmen und einen Verdienstausfall der Künstler zur Folge haben könnte. Als Copyright-Verstoß wertet Rakoff lediglich die Art und Weise, wie MP3.com mit den CD-Inhalten der Anwender umgeht.

Der MP3.com-Service sieht eigentlich nicht vor, dass die Inhalte der CDs auch anderen Nutzern als dem Eigentümer zur Verfügung stehen. Die User müssen durch einmaliges Einlegen der CD ins CD-ROM-Laufwerk ihres Rechners nachweisen, dass sie im Besitz des jeweiligen Albums sind - nur dann erhalten sie das erforderliche Passwort als Zugangsberechtigung. Zum Problem wurde allerdings, dass dieser Passwortschutz häufig unterlaufen wurde, da viele Anwender ihre Passwörter - ohne Wissen von MP3.com - untereinander tauschen, so dass sie auch Zugang zu digitaler Musik haben, die sie nicht auf CD besitzen. Hinzu kommt, dass sich die CD-Inhalte beliebig oft kopieren lassen.

Ursprünglich hatten neben Universal vier weitere große Plattenfirmen gegen MP3.com geklagt. Die Bertelsmann-Tochter BMG, Emi, Sony und Warner Music einigten sich dann aber außergerichtlich mit dem Online-Musikanbieter. Neben Schadensersatzzahlungen für die entstandenen Copyright-Verletzungen wird MP3.com künftig Lizenzgebühren an die Majors abführen. Die Entscheidung über das Strafmaß soll im November fallen. MP3.com will in jedem Fall in Berufung gehen. Laut Anwalt Michael Rhodes gibt es keinen Beweis dafür, dass Universal wegen der Urheberrechtsverletzungen "auch nur einen Penny verloren" habe.