Berufungskammer im Monopol-Verfahren gebildet

Richter weist Microsofts Anträge zurück

23.01.1998

Der Richter bezeichnete die Argumente gegen Lessig als trivial, verleumderisch und unbewiesen. Wären die Vorwürfe formgerecht vorgetragen worden, hätten sie sogar zu Sanktionen gegen Microsoft führen können.

Ähnlich rüde reagierte Jackson auf Microsofts Umgang mit der gegen das Unternehmen erlassenen einstweiligen Verfügung. "Wollen Sie behaupten, ich hätte Sie eindeutig angewiesen, ein nicht funktionsfähiges Produkt auszuliefern?" herrschte er den Microsoft-Vice-Presidenten David Cole an, der mit "Ja" antwortete. Sein Unternehmen hatte die Weisung, Betriebssystem und Browser zu entkoppeln, so interpretiert, daß jeglicher Browser-Code aus Windows zu entfernen sei, wodurch das Betriebssystem beschädigt worden wäre. Somit hätten die Händler nur die Wahl zwischen einer funktionsunfähigen oder einer zwei Jahre alten Version gehabt. Diese Deutung unterläuft das Ziel der einstweiligen Verfügung, den Händlern Freiheit bei der Wahl des Browsers zu geben. Gelingt es der Gates-Company nicht, nachzuweisen, daß ihre Auslegung berechtigt war, droht ein tägliches Strafgeld von einer Million Dollar.

Währenddessen versuchen die Microsoft-Juristen, die Entscheidungen von Richter Jackson in der nächsthöheren Instanz aus- zuhebeln. Die drei Richter für das Berufungsgericht sind bereits ausgewählt. Sie gelten als skeptisch gegenüber Eingriffen des Staates in Wirtschaftsangelegenheiten und daher als Microsoft-freundlich.

Seit einiger Zeit verstärkt Microsoft zudem die Zahl seiner politischen Interessenvertreter. Zu den einflußreichsten Firmenfürsprechern gehört Oppositionsführer Newt Gingrich.

Doch der Monopol-Prozeß gegen Microsoft beginnt Kreise zu ziehen. So wird in Japan ebenfalls wegen der Verträge von Microsoft mit den PC-Händlern ermittelt. Und selbst aus dem Lager der Software-Industrie droht Ungemach. Der Vorstand der Softwarevereinigung Software Publishers Association (SPA) bereitet hinter geschlossenen Türen einen sieben Punkte umfassenden Katalog von Regeln für fairen Wettbewerb vor. Über die Inhalte ist nur soviel bekannt, daß Microsoft - ebenfalls eines der rund 1200 Mitglieder - andere Ansichten vertritt und daß sich einige Members Vorgaben gegen sogenannte Vapourware (Dampfware) wünschen. Darunter versteht man Produktankündigungen, die zum Teil lange vor einer konkreten Entwicklungsbemühung gemacht werden, um dadurch eine Nische zumindest durch Marketing-Verlautbarungen zu besetzen. Damit werden insbesondere kleinere Softwarefirmen abgeschreckt, sich in ein Gebiet zu wagen, das möglicherweise von einem mächtigeren Konkurrenten in Beschlag genommen wird.