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RIAA vs. Napster: Das Imperium schlägt zurück

11.09.2000

MÜNCHEN (COMPUTERWOCHE) - Der Verband der US-amerikanischen Plattenindustrie RIAA (Recording Industry Association of America) sieht sich im Prozess gegen Napster wegen angeblicher Urheberrechtsverletzungen vollständig im Recht. In der Antwort auf die Verteidigungsschrift der MP3-Tauschbörse stützt sich die RIAA auf die Position der Richterin Marilyn Patel, die Ende Juli in einer einstweiligen Verfügung entschieden hatte, Napster müsse den Tausch urheberrechtlich geschützter Musikdateien einstellen. Wie RIAA-Chefin Hilary Rosen festhielt, richte sich die Klage ihrer Organisation nicht gegen die von Napster verwendete Technik: "Wir verklagen eine Firma, die unsere Arbeit stiehlt, die ihr nicht gehört." In dem Statement, das dem Gericht am Freitag abend vergangener Woche vorgelegt wurde, heißt es dementsprechend, Napster habe mit seiner Geschäftsstrategie versucht, die Musikindustrie zu unterminieren.

Ziel der Online-Company sei es, die Rolle der US-Plattenindustrie bei der Vermarktung und Distribution von Musik zu übernehmen oder zumindest zu bedrohen. Fragen zum Urheberrecht digitaler Musikdateien interessierten die RIAA dabei nur am Rande und nur insoweit, als sie die Position der Plattenlabels im Internet stärkten. Eine Verurteilung von Napster bedeute deswegen nicht, File-Sharing-Techniken im Web zu verbieten.

Rosen zeigte sich zuversichtlich, dass das Gerichtsverfahren zugunsten der RIAA entschieden wird. Diese Zuversicht verwundert nicht angesichts der Unterstützung, die der Plattenindustrie zuvor von Seiten mächtiger Verbündeter zuteil wurde. In einer schriftlichen Erklärung, die das mit dem Fall betraute Gericht ebenfalls am Freitag erhielt, hatte sich nämlich das US-Justizministerium sowie das U.S. Copyright Office und das U.S. Patent and Trademark Office auf die Seite der großen Musikkonzerne geschlagen. Nach Auffassung dieser Behörden entspräche Napsters Geschäftsmodell nicht dem in den USA gültigen Urheberrecht, wodurch die im Juli erlassene einstweilige Verfügung rechtens sei. Inzwischen reichte auch die Business Software Alliance (BSA) eine entsprechende Erklärung vor Gericht ein, die den Ansichten der RIAA folgt. In der BSA sind unter anderem Microsoft, Adobe, Novell und Apple vertreten. Vor zwei Wochen hatten mehrere

Interessenverbände der Elektronik- und Internet-Unternehmen ebenfalls in einem Schreiben an das Gericht Kritik an der einstweiligen Verfügung von Richterin Patel geübt. Sie befürchten bei einer Verurteilung von Napster künftig Nachteile hinsichtlich der juristischen Haftbarkeit von ISPs und Online-Diensten (CW Infonet berichtete).

Unterdessen verstärkten auch die Heavy-Metal-Band Metallica und der Rapper Dr. Dre den Druck auf Napster. In einem Brief an elf Universitäten in den USA forderten sie, den Studenten den Download von MP3-Musikdateien zu untersagen. Nach Angaben des Anwalts der Musiker erhielten unter anderem die Universitäten von Columbia, Stanford und Harvard sowie das Massachusetts Institute of Technology eine entsprechende Mitteilung. Sowohl Metallica als auch der Rapstar hatten im Frühjahr Klage gegen den Online-Musik-Tauschdienst eingereicht. Auch mehrere Universitäten, die ihren Studenten den Zugang zu Napster ermöglichen, standen auf der Anklageliste.