Reverse Engineering für das Data Warehouse

29.04.2004
Von 
Bernd Seidel ist freier Journalist und Coach in München.
In Boom-Zeiten stark gewachsen, steht die Data-Warehouse-Landschaft der Pro Sieben Sat.1 Media AG nun zur Konsolidierung an. Mit einer Nachdokumentation und einem stufenweisen Reverse Engineering nähert sich das Unternehmen diesem Ziel.

Was ein System kann, wird in der Regel nur festgehalten, wenn dies unbedingt nötig ist. Das gilt speziell für Phasen des wirtschaftlichen Aufschwungs: Der Wunsch, Produkte rasch auf den Markt zu bringen und zügig die unterstützenden IT-Lösungen zu entwickeln, hat Vorrang vor der lästigen Paperware. Hartnäckig hält sich zudem die Ansicht, dass Dokumentation nur Geld kostet.

Fernsehen machen ist Detailarbeit. Nur das reibungslose Zusammenspiel aller Beteiligten sorgt für gute Ergebnisse. Ähnliches gilt für das Data-Warehouse-Projekt des Medienkonzerns, das erst nach vielen Arbeitsschritten die Kommunikation im Haus verbesserte und den Machern kürzere Entwicklungszeiten bescherte.
Fernsehen machen ist Detailarbeit. Nur das reibungslose Zusammenspiel aller Beteiligten sorgt für gute Ergebnisse. Ähnliches gilt für das Data-Warehouse-Projekt des Medienkonzerns, das erst nach vielen Arbeitsschritten die Kommunikation im Haus verbesserte und den Machern kürzere Entwicklungszeiten bescherte.

Eva Wittka, Projektleiterin im Controlling der Pro Sieben Sat.1 Media AG, kennt diese Probleme. Trotzdem ist sie mit einem sechsköpfigen Projektteam angetreten, die Ist-Landschaft des Unternehmens-Data-Warehouse aufzuzeichnen und Maßnahmen in die Wege zu leiten, welche die Datenqualität nachhaltig verbessern.

Wenig Standards, hohes Fehlerrisiko

Herzstück der Analyseanwendung ist das 1997 entstandene und in den folgenden Jahren stark gewachsene zentrale Data Warehouse "Prometheus". Zur Plattform gehören etwa zehn Quellsysteme, eine Handvoll Analyse- und Frontend-Werkzeuge sowie Data Marts, welche die Entscheidungen des Managements in den verschiedenen Unternehmensbereichen unterstützen. Das Datenvolumen hat mittlerweile die Ein-Terabyte-Grenze übersprungen.

Das rasante Wachstum blieb nicht ohne Auswirkungen: Sie manifestieren sich unter anderem in komplexen und aufwändigen Betriebsprozessen, zu gering standardisierten Abläufen und einer erhöhten Fehleranfälligkeit bei den Reports. Folglich musste viel Zeit und Energie darauf verwendet werden, Fehler zu finden und zu beseitigen. So ging wertvolle Zeit für die eigentliche Aufgabe verloren: die Analyse der Daten. Die Fusion der Sender Sat1 und ProSieben im Jahr 2000 tat ein Übriges, um die Warehouse-Landschaft an ihre Grenzen zu treiben. Bei jedem Änderungs- oder Erweiterungswunsch herrschte Unklarheit darüber, ob die Daten im Data Warehouse überhaupt schon vorhanden waren - und wenn ja, in welcher Form. Zudem kennen die Spezialisten in den Fachabteilungen und der Data-Warehouse-Entwicklung im Wesentlichen nur ihren eigenen Ausschnitt des Systems, so dass es bei Urlaub oder Krankheit immer wieder zu Engpässen kam.