Jahr 2000/Kommentar

Reine Psychologie

22.10.1999

Es ist schon komisch. Je näher das unverrückbare Datum des 31. Dezember 1999 rückt, desto häufiger hört man alle Welt sagen: "Alles klar mit dem Jahr-2000-Problem."

Strom werden wir also haben am 1. Januar 2000. Das Wasser wird laufen, die Ampeln leuchten. Die Krankenhäuser werden uns wieder fit, die Geldautomaten reich machen. Die Züge fahren.

Jeder, so scheint es, hat seine Hausaufgaben gemacht. Alle waschen ihre Hände in Unschuld und zeigen prophylaktisch auf andere, sollte in der Nacht der Nächte wider Erwarten etwas schiefgehen.

Bei der Charité etwa, dem größten Krankenhaus Europas, glaubt man sich auf der sicheren Seite. Nicht so sehr, weil man selbst alle Gerätschaft penibel durchgetestet hat. Sondern weil die Hersteller medizintechnischer Geräte überzeugend versichert hätten, ihre Produkte seien Y2K-fest.

Die deutsche Flugsicherung meldet Entwarnung - aber ob es zu extremen Verzögerungen im internationalen Flugverkehr kommt, sei wegen der ungewissen Lage in Osteuropa, Asien und Lateinamerika nicht zu sagen. Ein Bericht des US-amerikanischen Department of Transportation (DOT) zusammen mit der obersten US-Luftfahrtbehörde Federal Aviation Administration (FAA) konzediert allen US-amerikanischen Flughäfen Y2K-Fitneß. Für deutsche, russische oder französische Airports gelte das nicht.

Der oberste US-Währungshüter Alan Greenspan warnte nicht vor potentiellen Gefahren im Zusammenhang mit dem Y2K-Problem, sondern vor der Unvernunft hysterisch reagierender Menschen. Die sensationalistische Presse tue ein übriges, um unnötig Ängste zu schüren.

So zeigt jeder mit dem Finger auf den anderen. Am Schluß haben es wieder alle gewußt. Und so lassen sich Probleme ja auch lösen.