SCS-Arbeitsmarktanalyse bescheinigt hohen Bedarf an DV-Know-how:

Reine Informatiker immer weniger gefragt

09.09.1983

HAMBURG (CW) - Die Innovationen in der Informationstechnik erschließen für den DV-Einsatz immer mehr Anwendungsgebiete. Gleichzeitig steigt auch der Bedarf nach Computerspezialisten. Dabei werden sowohl Informatiker gesucht als auch Betriebswirte mit EDV-Erfahrung.

Eine Untersuchung der SCS Personalberatung, Hamburg, die regelmäßig den Stellenmarkt für Führungs- und Fachkräfte großer überregionaler Tageszeitungen in der Bundesrepublik auswertet, macht deutlich, wie sich die Struktur der Stellenangebote im ersten Halbjahr 1983 gegenüber dem Vergleichszeitraum des Vorjahres verändert hat. Zwar blieb nach dieser Analyse, so berichtet SCS-Arbeitsmarktanalytiker Hans Mitterholzer, der Anteil der Stellenangebote für Informatiker mit 1,6 Prozent konstant. Doch hier müsse berücksichtigt werden, daß die Unternehmen generell bei den Ausschreibungen vermehrt EDV-Kenntnisse voraussetzen. Damit würden auch Ingenieure, Wirtschaftswissenschaftler, Physiker und Mathematiker für solche Posten geeignet.

Dies sei auch der Grund, weshalb der Bedarf an "reinen Informatikern für Organisationsaufgaben im Produktionsbereich der EDV, dem Rechenzentrum von 18,6 Prozent im ersten Halbjahr 1982 auf 15,6 Prozent im letzten Halbjahr sank. So werde heute beispielsweise auch von Betriebswirtschaftlern erwartet, daß sie den EDV-Einsatz zumindest für den kaufmännischen Bereich fachgerecht leiten können.

DV für Fachfremde

Das verstärkte Angebot DV-orientierter Studiengänge an den Hochschulen und Universitäten auch für "fachfremde" Interessenten trägt Mitterholzer zufolge diesem Umstand Rechnung. Die Belegzahlen bewiesen die entsprechende Einsicht von Seiten der Lernwilligen.

Mit ihren Ergebnissen für den Bereich Aus- und Weiterbildung zeigt die SCS-Untersuchung, so betont Mitterholzer, daß die Vermittlung von DV-Kenntnissen an Bedeutung gewinnt: Die Angebotsquote stieg für dieses Aufgabengebiet um mehr als ein Dreifaches, von 1,5 Prozent im ersten Halbjahr 1982 auf 5,4 Prozent in der ersten Jahreshälfte 1983.

Damit rangierten die Informatiker bei der Nachfrage nach Führungs- und Fachkräften für den Aus- und Weiterbildungsbereich auf dem dritten Platz nach den Ingenieuren mit 16,7 Prozent und den Wirtschaftswissenschaftlern mit 12,8 Prozent.

Auch für das Aufgabengebiet Forschung und Entwicklung nehme die Bedeutung der Informatiker zu; ihr Anteil verbesserte sich hier von 0,5 Prozent auf 2,4 Prozent in diesem Jahr und beweise damit ebenfalls eine erstaunlich hohe Steigerungsrate.

Fragt man, wie sich die Gesamtzahl der Ausschreibungen für Informatiker auf die einzelnen Unternehmensbereiche verteilt, so weist die SCS-Analyse im Branchendurchschnitt den Bereich EDV/Organisation als das Aufgabengebiet aus, für das der weitaus größte Teil (62,2 Prozent) der freien Stellen für Informatiker resultiert, gefolgt von Absatz/Verkauf/Marketing mit 12,6 Prozent, an dritter Stelle steht Forschung und Entwicklung (11,4 Prozent), dann Aus- und Weiterbildung (5,7 Prozent) und mit jeweils 1,6 Prozent die Bereiche Produktion/Fertigung und Planung/Operation Research. Die restlichen 6,5 Prozent werden "Sonstigem" zugeordnet.

DV-Hersteller bieten die meisten Stellen

Als Branche mit den meisten Stellenangeboten für Informatiker erweisen sich laut Mittelholzer erwartungsgemäß die Computerhersteller, von denen 26,4 Prozent sämtlicher Angebote für diese Berufsgruppe stammen; 16,3 Prozent der freien Positionen kommen für sie aus der Elektrotechnischen Industrie und 7,3 Prozent von Universitäten und Fortschungsstätten.

Somit deckten diese drei Zweige die Hälfte des Gesamtaufkommens der Ausschreibungen für Informatikwissenschaftler ab. Dabei verzeichneten die Computerhersteller den stärksten Angebotszuwuchs, denn im ersten Halbjahr 1982 waren sie SCS zufolge mit nur 12,9 Prozent am entsprechenden Nachfragevolumen beteiligt (Elektrotechnische Industrie 10,7 Prozent).

Insgesamt beträgt die Nachfragesteigerung für Führungs- und Fachkräfte der Analyse zufolge bei den Computerherstellern für das erste Halbjahr 1983 gegenüber dem Vergleichszeitraum 35,4 Prozent. Von diesen Angeboten waren im letzten Halbjahr 9,5 Prozent (1982: 6,9 Prozent) an Informatiker, 20 Prozent (27,1 Prozent) an Ingenieure und 10,4 Prozent (5,5 Prozent) an Betriebsfachwirte gerichtet. 21,3 Prozent der Ausschreibungen für Führungs- und Fachkräfte aus dieser Branche forderten nicht ausdrücklich einen akademischen Qualifikationsnachweis, bei 27,4 Prozent seien überhaupt keine Ausbildungsmerkmale erkennbar gewesen.

Informatiker für F & E

Wie bei fast allen Branchen würden auch Computerhersteller vermehrt Stellenauschreibungen für den Bereich Absatz/Verkauf/Marketing schalten. Der Anteil hierfür sei von 47,2 Prozent (1982) auf 49,8 Prozent (1983) gestiegen. Dieses Aufgabengebiet sollen vor allem Ingenieure (14,7 Prozent) Betriebswirte (7,9 Prozent) und Informatiker (4,7 Prozent) übernehmen. Der Bereich EDV/Organisation rangiere an zweiter Stelle (24,7 Prozent) in den Angeboten für Führungs- und Fachkräfte von den Computerherstellern, zwar würden dabei 18,9 Prozent Informatiker, zu 15,4 Prozent Ingenieure und zu 10,7 Prozent Betriebswirte angesprochen.

Das Aufgabengebiet Forschung und Entwicklung sei mit 7,2 Prozent an den Ausschreibungen beteiligt und erweise sich in dieser Branche als Domäne für Informatiker, denn ihnen habe 61,2 Prozent, Ingenieuren dagegen 24,5 Prozent der entsprechenden Angebote gegolten. Dagegen seien im ersten Halbjahr 1983 Ausschreibungen für den Produktions- und Fertigungsbereich (4,2 Prozent) vorwiegend an Ingenieure gerichtet gewesen (51,7 Prozent) während Informatiker und Betriebswirte hier fast gar nicht in Frage kamen.

Noch immer unter dem Branchendurchschnitt von neun Prozent liegt nach der SCS-Untersuchung der Anteil der Top-Managementpositionen bei den Angeboten aus der Computerindustrie. Allerdings verdreifacht er sich im Vergleich zum Vorjahreszeitraum von 1,2 Prozent auf 3,6 Prozent.