Recht und Gesetz im Datennetz

19.06.1998

Eine herkömmliche elektronische Nachricht ist nur eingeschränkt vertrauenswürdig, da in der Regel die Identität des Absenders und die Unversehrtheit der Dokumente nicht zweifelsfrei nachzuweisen sind. Willenserklärungen sind nach dem Gesetz an Formerfordernisse gebunden und implizieren einen bestimmten Beweiswert. Paragraph 126 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) verlangt für die gesetzliche Schriftform, daß "die Urkunde von dem Aussteller eigenhändig durch Namensunterschrift...unterzeichnet" wird. Ansonsten ist das betreffende Rechtsgeschäft nichtig. Digitale Unterschriften sind jedoch nie "eigenhändig" und daher als Ersatz für die BGB-Formvorschrift nicht anerkannt.

Nach der heutigen Rechtslage ist die digitale Signatur der eigenhändigen Unterschrift keineswegs gleichgesetzt. Ein Maximum an Rechtssicherheit ist allerdings mit einer vertrauenswürdigen Trust-Center-Infrastruktur und einem Höchstmaß an Systemzuverlässigkeit zu erreichen. Mit dem Signaturgesetz hat das Parlament in Deutschland hierzu die Voraussetzungen geschaffen. Es stellt allerdings nur größtmögliche Manipulationssicherheit und Authenzität her.

Stefan Engel-Flechsig, als Regierungsdirektor im Bundesbildungsministerium maßgeblich an der Formulierung des Gesetzes beteiligt, erklärt: "Zunächst einmal sollte der für digitale Signaturen erforderliche rechtliche Rahmen geschaffen werden." Das Signaturgesetz sei ein "Experimentiergesetz", so Engel-Flechsig. Funktioniert die Infrastruktur erst einmal, könne nach zwei, drei Jahren in einem zweiten Schritt über die Anpassung der vorhandenen Gesetze und Einzelvorschriften nachgedacht werden. Bis zu 4000 Gesetze und Verordnungen seien hiervon betroffen.

Optimistischer zeigt sich Helmut Reimer, Geschäftsführer des Anbietervereins Teletrust. Er rechnet bereits im kommenden Jahr mit einer "ganzheitlichen" Lösung, nämlich der Ergänzung der übergeordneten BGB-Vorschriften. Vorläufig allerdings stehen die Anwender digitaler Signaturen, selbst wenn sie nach den strengen Vorschriften des Signaturgesetzes handeln, im Zweifelsfall mit einem Bein im Gerichtssaal.