Rechnerunterstützte Medizin:Dominig knüpft Datennetz für niedergelassene Ärzte

29.07.1977

MÜNCHEN (ee) - Zuerst hielt der "Kollege Computer" bei amerikanischen Medizinern Einzug. Erst seit Mitte der 60er Jahre wird dieser erstrebenswerten Symbiose auch in Europa Aufmerksamkeit geschenkt. Die Bundesregierung hat dann auch in ihrem ersten Datenverarbeitungsprogramm (1970 bis 1972) solche Aktivitäten gefördert. Das Dritte DV-Programm hat sich zum Ziel gesetzt, mit Hilfe der Datenverarbeitung die Gesundheitsversorgung der Bevölkerung unter Beachtung ihrer Auswirkungen auf die Kostenentwicklung zu verbessern und weiter zu entwickeln.

Typischer Einsatz-Bereich für die rechnerunterstützte Medizin ist die Breitenversorgung der Bevölkerung. Dabei steht das "Screening" (sogenannte Filteruntersuchungen) im Vordergrund. Ein weiteres Anwendungsgebiet ist der Bereich der Routine-Arbeiten im Labor. Hier soll der Computer das Personal entlasten, damit es sich höherwertigen Aufgaben bei Diagnostik und Therapie zuwenden kann. Zusammenführung und Verdichtung der Informationsströme innerhalb und zwischen den verschiedenen Einrichtungen des Gesundheitswesen stellen eine andere Aufgabe für die Datenverarbeitung unter den Jüngern Hippokrates' dar.

Ein besonders ehrgeiziges Projekt hat der Bundesforschungsminister im August 1973 unter dem Titel "DV-Einsatz zur Lösung überbetrieblicher Organisations- und Management-Aufgaben durch Integration des normierten Informationsflusses zwischen verschiedenen Einrichtungen des Gesundheitswesens (DOMINIG)" ausgeschrieben. Nirgendwo auf der Welt ist bisher ein integriertes Gesundheits-Informationssystem mit den Anforderungen eines Dominig realisiert.

Dominig ist in drei Teilprojekte gegliedert: Projekt soll ein regionales, medizinisches Organisations- und Planungssystem für überbetriebliche Aufgaben des öffentlichen Gesundheitswesens erarbeiten; im Projekt II soll ein Informationsverbund mehrerer Krankenhäuser entstehen, und das Projekt III- sieht einen Informationsverbund für niedergelassene Ärzte und sonstige an der ambulanten Versorgung beteiligte Ehrichtungen vor.

Den Forschungs-Zuschlag für Dominig III erhielt die Stiftung Zentralinstitut für die kassenärztliche Versorgung in der Bundesrepublik (Köln).

Geprägt vom realen Entwicklungsstand der Computeranwendung in der praktischen Medizin enthält das Dominig-Konzept eine Fülle offener Fragen. Diese liegen insbesondere auf dem Gebiet der medizischen Problemstellungen, aber auch der medizinischen Sprache und ihrer begrifflichen Logik. Selbstkritisch formulierten die Projektträger bei der Vorstellung des Dominig III-Konzepts: "Es ist derzeit fast eine Temperamentssache ob man von der breiten Anwendbarkeit der Computer in der Medizin überzeugt ist und einen sprunghaften Fortschritt in der Gesundheitsversorgung erwartet oder zunächst skeptisch und abwartend urteilt."

Das Zentralinstitut ist insgesamt jedoch zuversichtlich. Für die vier Schwerpunkt-Aufgabenbereiche

- Patientenannahme

- Patiententerminierung und Praxis-Ablaufsteuerung

- Leistungswesen

- Formularwesen

wird wegen des großen Interesses vieler Ärzte am EDV-Einsatz in der Praxis die Zukunfts-Chance eines solchen Praxen-Systems "optimistisch beurteilt". Auch die "nachhaltigen Interessen und intensiven Aktivitäten seitens der Hersteller" unterstreichen diese Tendenz, berichtet das Zentralinstitut, das durch den Einsatz "dezentraler Intelligenzen in den Arztpraxen verbesserte Möglichkeiten für einen direkten oder indirekten Datenaustausch" sieht.

Gegenwärtig prüft Dominig III für die direkte Datenerfassung in der Praxis Bildschirme mit Tastatur und/oder Lichtstiften, Strichcode und OCR-Handleser, kleine Belegleser und Ausweisleser. Für die indirekte Erfassung sollen DV-freundliche, organisatorisch integrierbare Formulare und Belege entwickelt werden. Als Datenträger für die praxisinterne Informationsspeicherung werden Magnetplatten, Disketten, Magnetbänder respektive Bandkassetten und Formulare geprüft. Für die Datenübermittlung beziehungsweise den Datenaustausch bieten sich auch für die Dominig-III-Forscher, in begrenztem Umfang allerdings nur, Datenfernverarbeitungsverfahren an. Alternierend dazu der Versand von Datenträgern (Disketten Kassetten).