Kolumne

"Realismus auf dem Wuschzettel"

05.03.1999

Baans Zahlen sind raus. Und sie sind noch schlechter als vorsorglich im Januar avisiert. Das muß nicht so übel sein, wie es sich anhört. Denn möglicherweise hat das Unternehmen nun die Talsohle eines langen Leidensweges erreicht.

Für Baans Partner ist es zwar im Moment nicht einfach, Geschäfte zu machen. Wer monatelang so eine schlechte Presse bekommt wie die Niederländer, tut sich schwer, zu vermitteln, er sei der richtige Helfer insbesondere für den Mittelstand. Das Verteufelte an Baans Situation ist dabei, daß das Unternehmen nicht einmal so sehr aufgrund schlechter Technologie in die Krise geraten ist und jetzt vereinzelt auch schon als Übernahmekandidat gehandelt wird. Einschränkend gilt allerdings zu sagen, daß insbesondere die Module Finanz- und Anlagenbuchhaltung unbedingt einer Nachbesserung bedürfen. Dies auch, um sie auf den Stand von SAP R/3 zu bringen und Testierfähigkeit zu erlangen. Baan gerät vor allem zum Kandidaten für den Imageberater. Anders gesagt: Baan steht in den kommenden Wochen und Monaten vor der Herausforderung, sich und seine Firmenpolitik glaubwürdig zu präsentieren.

Baan muß seine in der Vergangenheit alles andere als nachvollziehbare und teils gar unseriös wirkende Strategie unmißverständlich neu formulieren. Mit dem Mittelstand haben die Niederländer ihre wichtigste Zielgruppe geortet. Favorisierte Industriesegmente sind, so eine weitere Kalkulation, die Bereiche Automotive und Manufacturing. Hier ist Baan in der Vergangenheit stark gewesen. Die Konzentration auf die eigentlichen Stärken gibt also ebenfalls Sinn.

Schaut man sich zudem die Partner von Baan an, die für den ERP- Software-Hersteller mittelständische Kunden betreuen sollen, so vermitteln die bekannten Namen der Systemhäuser durchaus Sicherheit: Debis, Lufthansa Systems, EDS, Bull, Gedas und CSC sind nur die bekanntesten hier in Deutschland. Bereinigt Baan seine Partnerpalette zudem um jene Distributoren, die sich als inkompetente Lösungsanbieter erwiesen haben, dürfte sich auch dies positiv auswirken.

Bei Baans Geschäftspartnern geht man mittlerweile nicht mehr, wie noch vor einem Jahr, von hochfliegenden Geschäftserwartungen aus. Niemand redet mehr von einem exorbitanten Wachstum. Der Erfolgsnimbus der frühen Jahre ist hin. Jetzt diktiert Realismus den Wunschzettel. Und das ist gut für Baan.