CMS-Studie: Anwender fürchten Komplexität

Re-Engineering mit R/3 enttäuscht Anwender

21.08.1998

Die Mannheimer befragten im Rahmen ihrer Erhebung 304 Anwenderfirmen, von denen 151 SAP- und die übrigen 153 Konkurrenzprodukte von Baan, J.D. Edwards und anderen einsetzen.

Lediglich 22 Prozent der SAP-Anwender nutzten die R/3-Einführung zu einem umfassenden Re-Engineering; doppelt so hoch war hingegen der Anteil derer, die zu einem solchen Vorhaben vollständig auf Distanz gingen. Noch spärlicher fällt die Quote bei den Nutzern alternativer Lösungen aus: Lediglich 14 Prozent konnten sich zu einer Geschäftsprozeßoptimierung (GPO) durchringen, während 55 Prozent sich rein auf das technische Vorhaben konzentrierten.

Dafür sind laut CMS zwei Hauptursachen zu nennen. Zum einen wurde vielfach kein unmittelbarer Bedarf für die Verbesserung der Abläufe gesehen, zum anderen standen fehlende Ressourcen und die Furcht vor einer nicht handhabbaren Komplexität des Projekts im Weg. Dies erscheint angesichts der Befragungsergebnisse begründet: Von denjenigen Unternehmen, die sich für eine GPO entschieden hatten, mußten sich die meisten mit Teilerfolgen oder sogar unbefriedigenden Resultaten bescheiden.

Lediglich einer von fünf SAP-Anwendern konnte einen klaren Projekterfolg vermelden, in der Vergleichsgruppe mit anderen Standardsystemen war sogar nur jeder sechste mit dem Ergebnis rundum zufrieden.

Ein weiterer Kardinalfehler ist laut CMS, daß allzu oft die Projektverantwortung den Datenverarbeitern übertragen wurde. "Wie Geschäftsprozesse gestaltet sein müssen, hängt von den Unternehmensstrategien und den Anforderungen der Fachbereiche ab. Deshalb lassen sich diese Aufgaben nicht so einfach an die IT-Manager delegieren", kritisiert CMS-Geschäfts-führer Klaus Walbrühl die gängige Praxis.

Unabhängig davon, ob eine GPO vorgenommen wurde oder nicht, kassieren die externen Berater von ihren Kunden schlechte Noten. Nur jeder vierte SAP-Anwender zeigte sich rundum mit der technischen Implementierung der Standardsoftware zufrieden. Hier schneiden die Konkurrenzprodukte deutlich besser ab: 40 Prozent der Firmen bescheinigten den hinzugezogenen Fachleuten gute Arbeit. 16 Prozent erinnern sich nur ungern an die eingesetzten Berater, während im R/3-Umfeld 34 Prozent der Kunden mit ihrer externen Hilfe unzufrieden sind.

Außerdem sind laut CMS Kenntnisse von branchenspezifischen Geschäftsprozessen keineswegs gleichbedeutend mit deren optimaler Ausgestaltung. Hier geben die Consultants in beiden Befragungsgruppen durch die Bank ein noch schlechteres Bild ab: Nur 16 beziehungsweise 17 Prozent der Anwender sind voll zufrieden, 52 beziehungsweise 47 Prozent konstatieren dagegen unbefriedigende Leistungen.

Als Ergebnis stehen laut Walbrühl die Projekte zur GPO fast zwangsläufig unter einem schlechten Stern. Es könne nicht gutgehen, wenn Softwarespezialisten aus dem komplizierten Gefüge an organisatorischen, betriebswirtschaftlichen und marktbezogenen Anforderungen noch das Beste herausholen sollten. "Das ist so, als würden beim Hausbau die Maurer auch gleichzeitig als Innenarchitekten arbeiten.