Freiheiten und Verantwortung
Inhaber Stefan Deerberg setzt darauf, den Mitarbeitern möglichst viele Freiheiten zu lassen, etwa in Form flexibler Arbeitszeitmodelle, ihnen aber damit auch mehr Verantwortung zu geben. Das fängt bei der Ausbildung an: 2009 gründete Deerberg dazu das Lindgrenhus, das wie ein eigenständiger Versandshop funktioniert. Nicht altgediente Chefs, sondern junge Auszubildende treffen dort die Entscheidungen. Die Azubis suchen das Sortiment selbst aus und kaufen eigenständig bei Lieferanten ein. Bald soll das Projekt erweitert werden. Etwa 30 junge Nachwuchskräfte werden sich künftig um einen eigenen Online-Shop rund um das Thema nachhaltiges Wohnen kümmern, Möbel einkaufen, Präsentation und Versand managen.
Dass seine Mitarbeiter selbstständig denken und entscheiden können sollen, zählt zu den Grundüberzeugungen von Inhaber Deerberg. Der 53-Jährige hat einige Jahre im Flugzeug- und Maschinenbau gearbeitet und hasst seitdem jegliches Obrigkeitsdenken. Vor 27 Jahren gründete er gemeinsam mit seiner Ehefrau Gabi den Ökoversandhändler. Die Angst vor Fehlern lähme die Kreativität und das Engagement der Mitarbeiter, sagt Deerberg: "Angst ist Unfreiheit."
Jeder Mensch kann führen, glaubt Gernot Pflüger, auch die Schüchterneren würden mit ihrer Verantwortung wachsen. Der ehemalige Musiker und Journalist, der auch als Wachmann und als Verkäufer in einem Computerladen jobbte, gründete in den Achtzigerjahren die Werbeagentur CPP Studios in Offenbach. Mit zwei Dutzend Mitarbeitern produziert der 48-Jährige unter anderem Werbefilme, schafft Events, berät Unternehmen und konzipiert Multimedia-Produktionen. Zu den Kunden zählen IBM, BMW, Audi und Samsung. Jährlicher Umsatz: etwa fünf Millionen Euro.
Doch CPP ist keine normale Werbeagentur. Seit mehr als 25 Jahren kommt Pflüger ohne feste Führungskräfte aus. Stattdessen wechseln sich die Mitarbeiter in der Chefrolle ab: Mal übernimmt der eine, mal der andere eine Führungsposition - je nachdem, wer am besten im Thema ist oder den Kunden besonders gut kennt.
- Effektive Problemlösung
Um die richtigen Mitarbeiter im Team zusammenzubringen, muss sich eine Führungskraft zunächst ihrer eigenen Ziele bewusst sein. - Durchhaltevermögen
... und ein Blick für das Ganze bewahrt Manager davor, sich in kurzfristigen Zielen zu verlieren und dabei die großen Meilensteine außer Acht zu lassen. - Herausforderungen annehmen
Eine gute Führungskraft begeistert und motiviert ihr Umfeld und bewahrt bei Gegenwind einen kühlen Kopf. Überwindet das Team kleinere Hindernisse, sollte das der Vorgesetzte würdigen. So bauen die Mitarbeiter Selbstvertrauen auf und werden sich an größere Herausforderungen wagen. - Eine großzügige, gemeinschaftliche Haltung
Die beiden klassischen Denkmuster der Geschäftswelt sind "win-lose" oder "win-win". Nach Stein gibt es jedoch einen weiteren Weg, bei dem zusätzlich Dritte profitieren, beispielsweise Kunden oder die Gesellschaft. Die Basis dafür ist eine großzügige und am Wohl anderer orientierte Haltung der Führungskräfte. - Die Bereitschaft, sich seinem Chef zu widersetzen
Leader sollten gemäß ihrer Überzeugungen handeln. Welches Verhalten gegenüber Vorgesetzten im Konfliktfall jedoch angemessen ist, dazu gibt die Management-Literatur kaum Aufschluss. Stein empfiehlt hier eine gewisse Furchtlosigkeit. In der Finanzkrise schwammen zu viele Finanz-Manager lieber mit dem Strom, anstatt vor Fehlentwicklungen ihrer Unternehmen zu warnen. - Der Mut zu wissen, wann Schluss ist
Während Bergsteiger sich auf beide Richtungen ihrer Route vorbereiten, wird in der Welt des Geldes und der Politik häufig vergessen, dass auf jeden Aufstieg ein Abstieg folgt. Führungskräfte müssen lernen, im richtigen Moment auszusteigen.
Selbst Investitionen sind Gemeinschaftsentscheidungen. Am Jahresende entscheiden die Mitarbeiter - auch Pflüger hat nur eine Stimme - wie viel Geld im Unternehmen verbleibt oder ausgezahlt wird. Alle erhalten das gleiche Gehalt, nur Pflüger bekommt mehr. "Ich bin als Eigentümer für alles im Risiko, von der Kreditlinie über Investitionen bis hin zu Versicherungen, Miet- oder Leasingverträgen", begründet er die Ausnahmeregelung.
"Ich persönlich favorisiere diese Art von Arbeit", sagt Pflüger, "weil für die Erfolgsfaktoren eines Unternehmens wie Innovation, Veränderungsfähigkeit und Produktivität eine solche Umgebung nach meiner Erfahrung die beste ist."
(Quelle: Wirtschaftswoche)