R 3-Version für das Freeware-Betriebssystem im dritten Quartal

R 3-Version für das Freeware-Betriebssystem im dritten Quartal SAP erteilt Linux die höheren Weihen

05.03.1999
MÜNCHEN (bs) - Die SAP AG möchte ihren Kunden eine weitere Betriebssystem-Alternative bieten und hat angekündigt, die Standardsoftware R/3 im Herbst auf dem Freeware-Produkt Linux anzubieten.

Schon seit Monaten kursieren Gerüchte, daß die Walldorfer Softwareschmiede sich an dem Gespann R/3 und Linux versucht. Nun ist es amtlich: Voraussichtlich im dritten Quartal dieses Jahres soll die Konfiguration an erste Kunden ausgeliefert werden. Nach ausgiebigen Testreihen gehe die SAP davon aus, daß Linux den Anforderungen der Enterprise-Resource-Planning-(ERP-)Software genüge, teilte Hasso Plattner, Vorstandssprecher der SAP, mit: "Im vergangenen Jahr ist eine beachtliche Zahl von Kundenanfragen nach R/3 für Linux bei uns eingegangen", lautet seine offizielle Begründung für die Linux-Offerte.

Branchenkenner wie Harry Tse, Analyst bei der Yankee Group, vermuten andere Beweggründe: "Ich sehe keinen großen Bedarf für Linux innerhalb der SAP-Gemeinde." Nur rund fünf Prozent der R/3- Nutzer seien potentielle Linux-Anwender, gibt er zu Protokoll. Wie auch andere Analysten deutet er die Linux-Option als Warnschuß gegen Microsoft und Oracle. Beide Unternehmen sind zwar Technologielieferanten der Walldorfer, treten wie im Falle der "Oracle Applications" aber auch als Konkurrenten auf.

Mit dem Linux-Angebot und der Datenbank "Adabas D für R/3", die seit Oktober 1997 im Besitz der Walldorfer ist, zeige man Oracle, daß es durchaus Alternativen zu seiner Engine gibt. Bisher laufen rund 75 Prozent aller R/3-Installationen auf Oracle. Voraussetzung für den SAP-Vorstoß waren allerdings auch die Ankündigungen von Oracle und anderen Datenbankanbietern, Linux-Versionen ihrer Produkte anzubieten.

Microsoft zählt bis dato zwar noch keine betriebswirtschaftliche Anwendungssoftware zu seinem Eigentum, aber allein die Gerüchte über eine mögliche Übernahme der finanziell angeschlagenen Softwareschmiede Baan hinterlassen in Walldorf anscheinend Wirkung. Mit R/3 für Linux zeige man Microsoft nun, daß es speziell für den Mittelstand auch andere Möglichkeiten als Windows NT gebe, deutet SAP-Kenner Helmut Gümbel, Analyst bei Strategy Partners, das Angebot.

Hochpreispolitik und Monopolstellung der Redmonder verärgerten immer mehr Anwender. Das Linux-Angebot stelle eine Revolution von unten dar, die das Gates-Monopol eher knacken könnte als Gerichtsentscheide, verlautet es aus Kreisen der SAP-User-Group.

Weiteres Indiz für die Distanzierung der SAP von Microsoft sei, so Gümbel, daß bei der Gestaltung der neuen R/3-Oberfläche, die unter der Initiative "Enjoy SAP R/3" enstanden ist und erstmals mit dem Release 4.6 zur CeBIT vorgestellt wird, nicht mehr auf Microsoft- Styleguides zurückgegriffen wurde.

Zurück hält die SAP noch, wer für den Linux-Service und -Support verantwortlich zeichnen wird. Insider vermuten, daß der Linux- Anbieter Red Hat den Zuschlag erhält. Die Walldorfer seien in engen Verhandlungen mit dem Unternehmen aus Durham, North Carolina, berichtete die Quelle, die nicht namentlich genannt werden möchte.

SAP-Kenner Gümbel geht davon aus, daß bei Problemen zunächst die Walldorfer als Ansprechpartner für den Kunden auftreten werden. Intern werde man die Anfragen dann jedoch an einen Linux-Provider durchschleusen, da der Support des Betriebssystems für SAP kein lukratives Geschäft darstelle.

Weitere Einzelheiten zu ihrem Vorhaben wollen die Walldorfer auf der CeBIT mitteilen.