Schlechte Performance läßt Parteizentrale verzweifeln

R/3-Projekt bei der SPD leidet Not

23.12.1998
MÜNCHEN (IDG/bs) - Die erst vor 18 Monaten angeschaffte DV-Anlage - unter anderem SAPs R/3 - bereitet der SPD in ihrer Bonner Parteizentrale erhebliche Kopfschmerzen.

Rund 20 Millionen Mark soll die Runderneuerung der DV-Landschaft die SPD gekostet haben, doch bisher hat sich die Investition nicht ausgezahlt. Zahlreiche Mängel treiben die Mitarbeiter in der Parteizentrale und in den 352 Unterbezirksgeschäftsstellen zur Verzweiflung, berichtete vor kurzem das Nachrichtenmagazin "Der Spiegel".

"Worin die Ursache für die Probleme liegt, ist noch nicht abschließend geklärt", sagt Ingo Moll, Büroleiter der Schatzmeisterei der SPD, der CW. Die Systemlieferanten, darunter die Telekom und der Softwaregigant SAP, suchten gemeinsam nach den Fehlern. Die Walldorfer Softwerker haben jetzt eine Störfalltruppe aus dem Bereich "Eskalations-Management" entsandt. Diese kümmere sich, so Moll, um notleidende Projekte.

Die SPD will mit ihrer neuen DV die Kommunikation zwischen der Parteizentrale in Bonn und den Kreisbüros verbessern. Dazu hat die Partei ein Virtual Private Network (VPN) aufgebaut - Betreiber ist die Telekom. Bei der Wahl der Software fiel die Entscheidung auf SAPs R/3. Die branchenspezifischen Module für Behörden und Verwaltungen wie Mitglieder-Management etc. wurden von der Rosbach Consulting Team GmbH (RCT) aus Limbach geliefert. RCT ist zertifizierter SAP-Partner

Das System ist seit einigen Monaten in Betrieb - sehr zur Unzufriedenheit der Anwender, erklärt Moll. So dauere der Aufruf einer simplen Mitgliederliste bis zu 40 Minuten: "So eine Wartezeit ist nicht zumutbar." Für die SPD gehe es jetzt darum, das System überhaupt handhabbar zu machen.

Anbieter schieben der SPD Schwarzen Peter zu

Beim SAP-Partner RCT ist man sich keiner Schuld bewußt. Nancy Nemes, Sprecherin von RCT: "Viele Anwender in der SPD sind mit dem System sehr zufrieden." Mögliche Probleme führt sie auf normale Anlaufschwierigkeiten und Lernphasen zurück. Die Software treffe jedenfalls keine Schuld. RCT gehe davon aus, daß die Kritik eher von einzelnen Nutzern komme, die wahrscheinlich nicht wissen, wie das System sachgemäß zu bedienen sei.

Ralf Nitsch, Sprecher der SAP in Walldorf, bestreitet Probleme mit der Software. Er bemängelt vielmehr das fehlende Management auf Kundenseite: "Keiner innerhalb der SPD ist für das Projekt verantwortlich gewesen." Ein weiterer Beweis für die Unschuld der SAP sei, daß die Eingreiftruppe nicht unentgeltlich arbeite. Die SPD übernehme die Kosten dafür.

"Das Eskalationsteam wird nicht von uns bezahlt", hält Moll dagegen. Lediglich die Kosten für einen zusätzlichen SAP-Projekt-Manager würden von der SPD finanziert. "So sicher, ob es nicht doch an der Software liegt, ist sich die SAP anscheinend auch nicht", argumentiert der SPD-Mann. Die Walldorfer überarbeiteten derzeit das Datenmodell, weil einige Zugriffe nicht optimal seien. Aussagen aus dem Eskalationsgremium belegten, daß bei einzelnen Listings und Ausgaben allein durch die Anpassung des SAP-Datenmodells Anwortzeiten von 30 Minuten auf zehn Sekunden gedrückt werden konnten.

In der gleichen Runde gestand ein SAP-Manager Moll ein, daß man Fehler gemacht habe: Das System hätte nach den hausinternen Regeln der SAP nie in Betrieb gehen dürfen. Daran geknüpft sei die Zusage der SAP, die Performance-Probleme bis Januar zu lösen.

Herbert Heidmann, zuständig für Vorstandskommunikation bei der SAP, geht davon aus, daß die größten Probleme geklärt sind: "Durch den Einsatz des neuen Projektleiters funktioniert die Kommunikation zwischen allen Beteiligten endlich reibungslos."