Quo vadis, Modem?

17.11.1978

MÜNCHEN (ma) - Modem-Hersteller, die ihr Gerät als getrennte Vorrichtung des Terminals oder des Front-End-Prozessors vermarkten, werden in spätestens zwei Jahren in Schwierigkeiten kommen. Denn Branchenkenner sagen voraus, daß Modems zunehmend in die Datenverarbeitungs-Ausrüstungen integriert werden. Das gelänge, wenn sie entsprechend klein gestaltet werden könnten - woran kein Zweifel besteht. Mikroprozessoren und LSI-Chips heizen diese Entwicklung an. Doch besonnene Praktiker meinen: Das Standard-Modem wird in einigen Datenübertragungs-Anwendungen weiterbestehen - wie etwa die Lochkarte in der Datenerfassung. Für Charles Johnson, Präsident der General Data Communication Industries Inc., hat diese Denkart allerdings einen Haken: "Die Technologie wird vom Netzwerk bestimmt und nicht vom Terminal." Johnson meint, daß bei integrierten Modems die Fähigkeit, sich auf verschiedene Geschwindigkeiten und Protokolle einzustellen, begrenzt sei. "ln der Datenübertragungs-lndustrie bedeutet ein schneller Wechsel eine Katastrophe", konstatierte er.

" Housekeeper"

Frank Lezotte, Spezialist für technische Systeme der Intertel Inc., glaubt, die Mikroprozessoren würden die Zuverlässigkeit der Modems erweitern, indem sie deren "Housekeeping "-Funktionen ausführen. Nach seiner Meinung zeichnen sich die Mikroprozessoren vor allem dort aus, wo es darum geht, Fern- und Leitungsdiagnosen zu steuern.

Nach Lezottes Ansicht wird der Einsatz von Mikroprozessoren durch LSI-Chips nicht mehr als ein kurzlebiges Experiment bleiben. "Denn", so meint er, "LSI gibt dir zwar die einmalige Gelegenheit, einen Volltreffer zu landen, wenn du jedoch in deinem Originalentwurf auch nur eine Kleinigkeit vergessen hast, bist du ein toter Mann". Während man einen Mikroprozessor im Hinblick auf neue Einsatzmöglichkeiten umprogrammieren kann, ist der LSI-Chip hundertprozentig fest verdrahtet. Wenn irgend etwas übersehen wird, oder wenn zu einem späteren Zeitpunkt andere Einsatzmöglichkeiten gewünscht werden, dann muß der LSI-Chip völlig neuentwickelt, neu gebaut und getestet werden. Dieser Prozeß wird als zu kostenaufwendig und zeitraubend erachtet, besonders im Hinblick auf einen angemessenen Rückfluß der sowohl für Modems als auch für Mikroprozessoren getätigten Investitionen der jeweiligen Hersteller.

Andererseits versichern sowohl GDC's als auch Dick Liberman, Vizepräsident der Penril Corporation, daß Mikroprozessoren nur in Modems für Geschwindigkeiten über 4800 Bit/s wirklich effizient sind.

Vorerst zu langsam

Obwohl das Bell 212A, ein Modem auf LSI-Basis sowie das Vadic VA 3400, ein Modem auf Mikroprozessor-Basis, als bedeutende Fortschritte gepriesen werden, meint Lezotte, daß beider Möglichkeiten begrenzt sind, da sie nur als "Frequency Shift Keys " (FSK) arbeiteten und mit einer Höchstgeschwindigkeit von 1200 Bit/s für fortgeschrittene Anwendungen zu langsam seien.

Nach Lezottes Vorstellung sind billige und äußerst schnelle bipolare Mikroprozessoren zur Verwendung in Hochgeschwindigkeits-Modems genau das, was benötigt wird.

Nach Ansicht verschiedener Hersteller wird sich in der aller nächsten Zukunft der Wettbewerb der Modem-lndustrie mehr um Leistungsmerkmale als um die Preise drehen.

Angesichts der ständig zunehmenden Verwendung von Mikroprozessoren und LSI-Chips könnten Chip-Hersteller wie Texas Instruments zu immer größerer Bedeutung in der DFV-lndustrie gelangen. Spekulationen im Hinblick auf eine mögliche Vereinnahmung dieses Gebietes durch so große Unternehmen wie Texas Instruments bestätigte Lezotte mit der Bemerkung, daß Tl sowohl das nötige Geld als auch das entsprechende technologische Know-how habe, voll einsteigen zu können. Lezotte und William Myers glauben jedoch, daß keiner der Chip-Hersteller über die Service-Kapazitäten verfügt, wie sie die traditionellen Modem-Hersteller haben. Außerdem, so Lezotte und Myers, sind die niedrige Gewinnspanne sowie die Vielzahl erforderlicher Typen für die Errichtung einer Vollservice-Niederlassung für die Chip-herstellenden Giganten nicht gerade ein Anreiz, sich auf das Gebiet der Modems zu verlegen.

Rilling: "Wenn einmal Modems so miniaturisiert sind, daß sie auf einer 5 x 9 Zoll großen Karte untergebracht werden können, ist das Ende des Modem-Geschäftes gekommen. "