Kreative Köpfe haben's schwer

Querdenker sind lästig, aber wichtig

08.06.2012
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Renate Oettinger war Diplom-Kauffrau Dr. rer. pol. und arbeitete als freiberufliche Autorin, Lektorin und Textchefin in München. Ihre Fachbereiche waren Wirtschaft, Recht und IT. Zu ihren Kunden zählten neben den IDG-Redaktionen CIO, Computerwoche, TecChannel und ChannelPartner auch Siemens, Daimler und HypoVereinsbank sowie die Verlage Campus, Springer und Wolters Kluwer. Am 29. Januar 2021 ist Renate Oettinger verstorben.

Unternehmen brauchen kreative Köpfe

Anfang 2011 schockte der neue CEO von Nokia seine Mitarbeiter mit einer "Brandrede". "Unsere Ölplattform brennt", sagte er. "Wir haben zwar brillante Quellen für Innovation bei Nokia, aber wir bringen sie nicht schnell genug auf den Markt." Obwohl Nokia zu den weltweit innovativsten Unternehmen zählt, wurde das Unternehmen ein Opfer seiner schwerfälligen Struktur. "Chinesische Handyhersteller werfen Geräte schneller auf den Markt, als wir eine PowerPoint-Präsentation auffrischen. Sie sind schneller, billiger und fordern uns heraus."

Nokia ist damit nicht alleine. Generell wächst der Druck der Märkte. In zahlreichen Branchen findet ein Paradigmenwechsel statt: Waren die Innovationszyklen früher lange, planbar und teilweise sogar vorhersehbar, so ändert sich das radikal. Egal in welcher Branche, überall registriert man ein wachsendes Innovationstempo. Viele Unternehmen sind zu langsam, um hiermit Schritt zu halten.

Auf die Unternehmen kommen drei große Herausforderungen zu:

1. Sie müssen kreative Köpfe identifizieren.
Die meisten Mitarbeiter kennen ihr kreatives Potenzial nicht einmal selbst. Wie sollen es dann ihre Chefs erkennen? Es gibt zwar Kreativitätstests, doch die sind meist zu theoretisch. Effektiver ist es, Mitarbeitern regelmäßig kreative Nüsse zum "Knacken" zu geben und zu sehen, wer diese Aufgaben am besten löst.

2. Sie müssen kreative Köpfe halten.
Kreative Mitarbeiter wie Richard P. sind schnell gelangweilt. Zu viel Routine erstickt sie. Herausfordernde und faszinierende Aufgaben sind ihnen oft wichtiger als eine Gehaltserhöhung.

3. Sie müssen kreative Köpfe aushalten.
Das ist häufig die schwierigste Übung: Ideen nicht als Kritik aufzufassen, sondern als sinnvollen Beitrag. Und damit zu leben, dass nicht jede Idee nobelpreisverdächtig ist.

Noch gelten kreative Köpfe wie Richard P. oft als unbequem. Doch mehr und mehr setzt sich in den Managementetagen der Unternehmen die Erkenntnis durch, dass ohne bahnbrechende Innovationen irgendwann - wie bei Nokia - die "Plattform" brennt. Auch das ist ein Ergebnis der Studie. Immerhin heißt es bei knapp 50 Prozent aller Unternehmen bereits heute: Wir müssen innovativ sein, um auf Dauer wettbewerbsfähig zu sein. Das Umdenken hat begonnen. Querdenker wie Richard P. werden es in Zukunft besser haben. (oe)

Kontakt:

Der Autor Jens-Uwe Meyer ist Geschäftsführer der Ideeologen - Gesellschaft für neue Ideen GmbH, Baden-Baden. Tel.: 0700/4333-6783, E-Mail: meyer@ideeologen.de, Internet: www.ideeologen.de