Erste Eindrücke von Winprobe 95

Quarterdecks Diagnose-Tool soll Windows 95 ergänzen

20.12.1996

Die neuen Komponenten des rund 120 Mark teuren Programmpakets umfassen eine Wissensdatenbank zu Windows 95, einen "Registry Editor" und ein "Crashshield", das General Protection Faults abfangen soll. Hinzu kommt unter der Bezeichnung "Tune up" ein Modul, das eine individuelle Anpassung von Systemeinstellungen erlaubt.

Kernstück von Winprobe 95 ist allerdings, wie bei den Vorgängerversionen, ein umfangreiches Diagnostikpaket, das zahlreiche Prüfroutinen enthält - nach Herstellerangaben rund 200. Ein Test läßt sich leider nur in sechs Systembereichen (CPU, Speicher etc.) ausführen, detailliertere Einstellungen etwa in Form spezieller Prüfroutinen für bestimmte Hardwarekomponenten sind nicht möglich.

Einige Testoptionen führen zum Absturz

Das hat den Nachteil, daß bei einem Problem mit nur einem der Tests die ganze Testsuite nicht mehr funktioniert. So brachte etwa die Überprüfung des DMA-Controllers den Rechner in zwei der sechs Testoptionen regelmäßig zum Absturz, was eine Diagnose aller Systemkomponenten und Speichermedien unmöglich machte.

Die Systeminformation von Winprobe geht zwar an einigen Stellen über das hinaus, was der Geräte-Manager von Windows 95 bietet, doch waren die Angaben zum getesteten Gerät nicht immer zuverlässig: Eine bestehende TCP/IP-Verbindung wurde beispielsweise nicht richtig erkannt.

Versuchen Programme unter Windows 95 auf Ressourcen zuzugreifen, für die sie eigentlich keine Berechtigung haben, verabschieden sich die Aufrufe normalerweise mit einem General Protection Fault. Das Modul Crashshield soll den Absturz auffangen und dem Anwender die Möglichkeit geben, seine Arbeit abzuspeichern. Ähnliche Programme bietet zum Beispiel Symantec mit "Crashguard", das bis März 1997 kostenlos im Internet erhältlich ist.

Einen vergleichenden Überblick über die Leistungsfähigkeit dieser Schutzprogramme, bei dem Crashshield nicht schlecht abschneidet, findet man auf dem Symantec-Server " http://www.symantec.com/crashguard/revguide.html". Bemerkenswert ist noch, daß Crashshield zumindest bei den genannten, von Winprobe selbst verursachten Abstürzen nicht helfen konnte.

Unter Tune up sind ganz unterschiedliche Möglichkeiten zusammengefaßt, Windows 95 zu optimieren. Wenig innovativ sind die Oberflächeneinstellungen und die Optionen zum Boot-Vorgang von Windows 95. Gelungen scheint dagegen die Möglichkeit, die Registrierdatenbank zu optimieren. Gemeint ist damit eine Überprüfung aller Dateieinträge der Datenbank daraufhin, ob die entsprechenden Dateien überhaupt noch auf der Festplatte vorhanden sind.

Die Wissensdatenbank von Winprobe offeriert mit Musikuntermalung Informationen über den Windows-95-Desktop, die Registry und auch Anleitungen zur Installation neuer Hardware. Ob dem Anfänger allerdings mit unscharfen Bildern der Unterschied zwischen 30- und 72-Pin-Speichermodulen nahegebracht werden kann, muß bezweifelt werden. Selbst für den Einsteiger wird der Hinweis, daß man bei der Installation einer neuen Adapterkarte zunächst deren Dokumentation lesen sollte, nicht überraschend sein. Von ähnlich begrenztem Nutzen ist das nur 90 Seiten umfassende Handbuch.

Die Konzeption von Winprobe, das übrigens nicht mit NT eingesetzt werden kann, macht die problematische Situation von Utilities unter Windows 95 deutlich. Windows 95 sollte spezielle Zusatzprogramme zur Systempflege eigentlich überflüssig machen. Tatsächlich bietet die Plattform mit ihrem Defragmentierungsprogramm, dem Systemmonitor und Geräte-Manager deutlich mehr als DOS oder Windows 3.x. Die Hersteller klassischer Werkzeuge wie "Norton Utilities" oder Winprobe tun sich deshalb bislang schwer damit, das für alle Windows-95-Anwender geeignete Zusatzprogramm zu entwickeln. Die allen gemeinsame Strategie ist bislang, den Anwender mit einer ganzen Reihe diverser Tools zu beglücken, wohl in der Hoffnung, daß er darunter die wirklich benötigten findet.

Die Fähigkeiten dieser Programme lassen sich also wie eine Mängelliste von Windows 95 auffassen. So etwa die Highlights von Winprobe: die Optimierung der Registrierdatenbank oder das anwenderfreundliche Abfangen von Programmabstürzen. Die Software ist seit Dezember 1996 verfügbar.

*Fotis Jannidis ist freier Fachjournalist in München.