Evolution in der Cloud

Public Infrastructure as a Service – ein Markt im Wandel

29.09.2016
Von 


Meike Stefanie Buch ist Junior Analyst des IT-Research- und Beratungsunternehmens Crisp Research AG. Sie beschäftigt sich vorwiegend mit den Themenschwerpunkten Cloud Computing, IT-Infrastrukturen und Internet of Things. Zuvor war Meike Buch, neben ihrem Masterstudium im Bereich Information, Innovation und Management an der Universität Kassel, als wissenschaftliche Hilfskraft am Fachgebiet Wirtschaftsinformatik tätig. Dort beschäftigte sie sich unter anderem mit den Themen Cloud Computing, IT-Nutzung und Location Based Services.

In or Out? - IaaS-Providerlandschaft im Zeitverlauf

Neben Amazon gibt es einige Firmen, die auf technologischer Seite gut aufgestellt sind und daher sehr gute Chancen haben, sich auch weiterhin am Markt behaupten zu können. Dann gibt es noch die Anbieter, die versuchen mit strategischen Partnerschaften oder Akquisitionen ihre Marktstellung zu verteidigen. Und natürlich gibt es auch solche Provider, die sich nicht behaupten konnten und sich daher aus dem Geschäft zurückziehen mussten oder es in absehbarer Zeit noch tun werden.

Die Entwicklung der Public IaaS Provider im Detail
Die Entwicklung der Public IaaS Provider im Detail
Foto: Crisp Research AG, 2016

Im Jahr 2009 folgten nach AWS zunächst Virtuestream, CloudSigma und Aliyun als die ersten Konkurrenten auf den Public-IaaS-Markt, wobei Aliyun für sich nur den asiatischen Raum erschlossen hat. Im Jahr 2010 ist der bislang größte Konkurrent für AWS - Microsoft - mit seiner Public-Infrastructure-Cloud "Azure" in den Markt getreten. Diese war zunächst nur als PaaS-Service mit integriertem Storage am Markt, seit 2013 wurden dann erstmals auch virtuelle Maschinen angeboten. Erst durch dieses zusätzliche Angebot konnte sich die Microsoft Cloud einiges an Marktanteilen sichern und ist heute der größte Konkurrent für AWS. 2010 hat auch VMware, welches mit seiner Virtualisierungstechnologie einen Grundstein für die Bereitstellung von Cloud Computing gelegt hat, mit seiner "vCloud Air" eine eigene Public Cloud auf den Markt gebracht. VMware gehört mittlerweile, genau wie die Public Cloud von Virtustream (seit 2009 am Markt), zu EMC. VMware hat zudem kürzlich erst eine Partnerschaft mit IBM angekündigt, was an dieser Stelle klar zeigt, dass es dem Unternehmen schwer fällt, alleine signifikante Marktanteile zu erlangen.

Im Jahr 2012 ist der Suchmaschinenriese Google mit seiner Google Compute Engine (GCE) in das Public-IaaS-Geschäft eingestiegen. IBM hatte zunächst einen ersten eigenen Public-Cloud-Dienst, IBM Smart Cloud Enterprise, die jedoch im Jahr 2013, bedingt durch den Kauf von Softlayer, ersetzt wurde. Der Datenbankhersteller Oracle brachte erst im Jahr 2014 seine erste Public Infrastructure Cloud, die Oracle Cloud auf den Markt. Im Jahr darauf startete die Firma OVH ihre Public Infrastructure Cloud, die ab diesem Jahr auch in Deutschland für Compute- und Storage-Leistungen verfügbar ist. Ganz frisch auf dem Markt ist seit dem Jahr 2016 die Open Telekom Cloud, die auf der Technologie von Huawei aufbaut.

HP führte im Jahr 2012 die HP Helium Public Cloud ein und musste sich kürzlich aufgrund von mangelndem Umsatz und Marktanteil aus dem Public-IaaS-Geschäft zurückziehen. Der große US-amerikanische Telekommunikationsanbieter Verizon versuchte sich ebenfalls durch den Aufkauf von Terremark im Jahr 2013 an der Public Cloud und musste auch in diesem Jahr ein Scheitern bekannt geben. Die Firma Rackspace, die schon im Jahr 2009 in das Public-Cloud-Geschäft eingestiegen war, verkündete kürzlich eine Umstrukturierung des eigenen Geschäftsmodells weg vom reinen Public-IaaS-Angebot hin zu einem vorwiegend Managed-Cloud-Computing-Ansatz. Doch welche Gründe bewegen Anbieter, wie HP, Verizon und Rackspace sich aus dem wachsenden Public-Infrastructure-Geschäft zurückzuziehen?

Zu HPs Kunden gehören seit jeher vorrangig große und mittelständige Geschäftskunden. Im Public-Cloud-Markt waren jedoch noch vor zwei Jahren vor allem Start-ups, Entwickler und Digital-Agenturen die wichtigsten Nutzer. HPs eigene Kunden hingegen, zu denen sie einen leichten Zugang gehabt hätten, waren zu dem Zeitpunkt tendenziell noch nicht bereit ihre Prozesse in die Cloud zu verlagern. Somit musste HP in eine direkte Konkurrenz zu den großen, innovativen Cloud-Plattformen - AWS und Microsoft Azure - treten, um Kunden zu gewinnen. Allerdings konnte HP, das durch einen späten Einstieg ins Cloud Geschäft schon einen zeitlichen Nachteil verbuchen musste, auch technologisch mit den schnellen Innovationszyklen nicht mithalten, um den Vorsprung seiner Konkurrenten wett zu machen und die innovationsverwöhnten Start-ups und Entwickler für die eigene Plattform zu begeistern.

Der amerikanischen Telekommunikationsdienstleister Verizon ist genau wie HP erst spät in das Public-Cloud-Geschäft eingestiegen. Zusätzlich zum zeitlichen Nachteil hat Verizon ausschließlich auf die Bereitstellung von reinen IaaS-Diensten, wie Rechenleistungen und Storage gesetzt, ohne dem Kunden innovative Mehrwertdienste anzubieten. Verizon hat hiermit den Nerv der Zeit sicherlich nicht getroffen, da gerade Start-Ups innovative Plattformen mit verschiedensten Microservices für ihre neuen Geschäftsmodelle nachfragen.

Rackspace hat sein Geschäftsmodell von einem Public Cloud Computing Provider hin zu einem Managed-Public-Cloud-Provider verändert und fällt somit nicht mehr in die oben eingeführte Definition. Das Unternehmen bietet technisch gesehen zwar noch eigenes Public Cloud Computing an, allerdings nur zusammen mit Beratungsleistungen - der Self-Service entfällt. Dieses Umstrukturieren des Geschäftsmodells macht vor allem mit Blick auf den umfangreichen und guten Kundenservice von Rackspace sehr viel Sinn. Denn im Vergleich zu AWS, Google oder Microsoft hat Rackspace geringere finanzielle Möglichkeiten um in Forschung und Entwicklung zu investieren und kann somit gegen den Innovationsdruck seiner großen Konkurrenten nicht bestehen. Durch das Managed-Geschäftsmodell wird die Beratungsleistung von Rackspace wieder zu einem USP und sie können zudem auch durch Kooperationen auf die innovativen Cloud-Lösungen ihrer vormaligen Konkurrenten zugreifen, um ihren Kunden die passende Cloud-Lösung auf den Leib zu Schneidern.