Enterprise Application Integration/Rentabilitätsberechnung für EAI im Bankenumfeld

Prozessautomation senkt Transaktionskosten

07.03.2003
Ob eine EAI-Lösung durch die Prozessautomation wirklich Transaktionskosten sparen hilft, hat jetzt ein Schweizer Rechenzentrum in seinem Projekt per Rentabilitätskalkulation untersucht. Das Ergebnis: Ein Return on Investment (RoI) von 175 Prozent und eine Amortisationszeit von acht Monaten. Von Andreas Wagner*

Nach dem Einbruch des Aktienmarktes befinden sich die Finanzdienstleister unter einem enormen Kostendruck. Unter der Bezeichnung "Straight Through Processing" (STP) versuchen sie daher, ihre Geschäftsprozesse intern sowie zwischen Banken, ihren Niederlassungen, Handelsplattformen, Clearing-Stellen und Wertpapierlagerstellen zu automatisieren. Ein wesentliches Ziel von STP ist es, die Kosten pro Transaktion zu senken, denn sie stehen häufig in einem schlechten Verhältnis zu den dabei erzielten Umsätzen.

Bedingung für STP ist Enterprise Application Integration (EAI), da extrem heterogene Systemlandschaften in der Branche die Regel sind. Der einstige Wettbewerbsvorteil durch Eigenentwicklung hat sich seit den 90er Jahren eher in das Gegenteil verkehrt: Neben modernster Standardsoftware sind immer noch 20 bis 30 Jahre alte Mainframe-Anwendungen in den Unternehmen zu finden. Daraus ergibt sich ein enormes Spannungsfeld, was Hardware, Software und dem entsprechend benötigten Know-how betrifft.

Beim Auftauchen neuer Geschäftsmodelle oder Übertragungsstandards ist es aufwändig, diese heterogenen IT-Landschaften an die neuen Prozesse anzupassen. Häufig müssen Systembrüche in Kauf genommen werden, mit hohen Transaktionskosten als Konsequenz. Kurz- und mittelfristige Einsparpotenziale spielen daher bei der Entscheidung für ein EAI-Projekt in der Finanzwelt derzeit eine zentrale Rolle. Kostenorientierung schließt dabei nicht notwendigerweise die strategische Weiterentwicklung der Unternehmens-IT aus, wie das Beispiel eines Schweizer Rechenzentrums zeigt, das derzeit für sechs Banken die komplette IT hostet.

Systembrüche im Handelsprozess

So hatten die Kunden des Rechenzentrums mit hohen Transaktionskosten im Bereich Auslandsbörsenhandel zu kämpfen. Da die hierbei beteiligten IT-Systeme nicht integriert waren, gab es im Handelsprozess mehrere Systembrüche: Ein Handelsauftrag wurde zuerst im Backoffice-System erfasst, anschließend ausgedruckt und einem Händler übergeben; dieser teilte die Informationen einem Broker per Telefon mit. Die Ausführungsbestätigung schickte der Broker per Fax an die Bank zurück, die Informationen wurden hier wiederum im Backoffice-System manuell erfasst.

Dieser Prozess war äußerst ineffizient und geriet zum Administrationsproblem, als der Aktienhandel in den Jahren 1999 und 2000 explodierte und sich gleichzeitig globalisierte. Bei durchschnittlichen Transaktionskosten pro Handelsgeschäft von 22 Euro standen Aufwand und Ertrag insbesondere bei kleinen Aufträgen in einem Missverhältnis. Im Jahr 2001 beschloss das Rechenzentrum deshalb, seine IT mit Hilfe einer EAI-Software zu integrieren.

Betroffen waren folgende Systeme: Ein in Cobol eigenprogrammiertes Host-System für die bankinterne Abwicklung der Geschäfte (Buchführung, Risiko-Management, Reporting etc.) und ein FIX-Gateway, das als Middleware fungiert. FIX (Financial Information Exchange) ist der Standard, der von Banken für die Pre-Sales-Phase von Wertpapieren genutzt wird. Hinzu kam ein Order-Routing-System, das sämtliche mit Handelsaufträgen zusammenhängenden Nachrichten entgegennimmt und verteilt.

Für Banken typisch, sollte ein nachrichtenorientiertes EAI umgesetzt werden. Das Rechenzentrum entschied sich für die EAI-Lösung eines Bankenspezialisten. Die Software erlaubt das Modellieren der Integration auf Daten-, Anwendungs-, und Prozessebene mit Hilfe grafischer Symbole. In einem grafischen User Interface definiert der Anwender für je einen Transaktionstyp den Nachrichtenfluss - also die Reihenfolge, in der eine Nachricht die verschiedenen Systeme durchläuft -, die jeweils zu konvertierenden Input- und Output-Formate, Plausibilitätsprüfungen etc. In der Regel kann über das User Interface die komplette Implementierung des Prozesses erfolgen. Programmierung, beispielsweise von Adaptern, ist nur in Ausnahmefällen nötig.

Die EAI-Software steuert das Zusammenspiel der unterschiedlichsten Datenformate, Kommunikationsstandards, Middleware und Order-Routing und fungiert damit quasi als "Intelligenz" des Gesamtprozesses. Dieser läuft heute unterhalb gewisser Handelslimits ohne manuelles Eingreifen von Händlern ab. Ein Handelsauftrag wird von einem Anlageberater an einem Terminal des Cobol-Backoffice-Systems eingegeben. Das FIX-Gateway konvertiert die Cobol-Syntax in FIX und gibt die Nachricht an die EAI-Software. Diese konvertiert die Nachricht nochmals und schreibt sie in die Oracle-Datenbank des Order-Routing-Systems. Wenn der Auftrag ein definiertes Limit nicht überschreitet, wird er automatisch an einen Broker oder eine elektronische Handelsplattform als FIX-Nachricht geroutet. Im anderen Fall erscheint der Auftrag am Bildschirm eines Händlers bei der Bank und kann anschließend elektronisch weitergeleitet werden.

Der Broker schickt die Auftragsbestätigung als FIX-Nachricht zurück. Über das FIX-Gateway gelangt die Nachricht in die EAI-Software, diese konvertiert sie und schreibt sie wiederum in die Oracle-Datenbank des Order-Routing-Systems. Hier wird die Nachricht bearbeitet und mit Zusatzinformationen versehen, die das Backoffice-System zur Verarbeitung benötigt. Die EAI-Software leitet die Nachricht schließlich an das Backoffice-System, dabei konvertiert es die Syntax wieder in Cobol-kompatible Strukturen. Hier findet das abschließende Settlement statt, also Buchung, Verrechnung mit dem Kunden usw.

Transaktion wird fünf Euro billiger

Im Anschluss an das EAI-Projekt nahm das Rechenzentrum eine Investitions-Kalkulation vor. Dabei wurden Investitionen und laufende Kosten den Einsparungen bei den Transaktionskosten gegenübergestellt. Die Transaktionskosten für ein Handelsgeschäft vor dem EAI-Projekt beliefen sich auf umgerechnet zirka 22 Euro, jetzt sind es nur noch 16,5 Euro.

Trotz der relativ geringen Anzahl an Transaktionen (700 pro Tag) ergibt die Kalkulation unter Berücksichtigung einer jährlichen Discount-Rate von 20 Prozent nach fünf Jahren einen RoI von 175 Prozent, einen Net Present Value (NPV) von umgerechnet 6,7 Millionen Euro sowie eine Amortisationszeit von 0,68 Jahren.

Die Discount-Rate berücksichtigt die möglichen Gewinne, die durch eine anderweitige Investition der Projektkosten hätten erzielt werden können. Der RoI beziffert die Rendite, die das eingesetzte Kapital nach einem definierten Zeitraum abwirft. Der Net Present Value ist der absolute Gewinn, der sich durch Abzug der Investitionen vom Zeitwert ergibt.

Integration ist ein Muss

Schnelligkeit ist für Banken-IT heute zum entscheidenden Kriterium geworden: Reichte früher noch die Abwicklung von Wertpapiergeschäften innerhalb von drei Tagen, soll dies in naher Zukunft an nur einem Tag Standard werden. Außerdem müssen die IT-Systeme immer schneller an neue Übertragungsstandards (Swift ISO 15022, CLS und FIXml), Geschäftsmodelle und Handelsplattformen angepasst werden.

Bezüglich der geschäftlichen Relevanz von EAI für den Finanzsektor geht daher das Marktforschungshaus Gartner davon aus, dass die Einführung einer integrierten unternehmensweiten IT-Infrastruktur noch bis zum Jahr 2003 eine Differenzierung vom Wettbewerb erlaubt. Ab 2005 sei diese Infrastruktur schlicht notwendig, um im Wettbewerb bestehen zu können. (as)

*Andreas Wagner ist Chief Technology Officer bei der CSK Software AG in Frankfurt.

Angeklickt

- Ein Schweizer Banken-Rechenzentrum konnte durch die Prozessautomation mit Hilfe einer EAI-Lösung beträchtliche Kosten sparen.

- Der Return on Investment ließ sich kurzfristig erzielen und anhand der Transaktionskosten beziffern.

- Zugleich verfügt das Rechenzentrum jetzt über ein Instrument, mit dem Geschäftsprozesse künftig integrativ modelliert werden können.