Journalisten und Gewerkschafter betroffen

Prozess zu Telekom-Spitzelaffäre beginnt

01.09.2010
Gut zwei Jahre lang spionierte die Telekom über Telefondaten etwa 50 Journalisten und auch Aufsichtsratsmitglieder aus. Die illegalen Aktionen kommen nun vor Gericht - mit Angeklagten aus der zweiten Reihe.

Einer der größten Schnüffel-Skandale in der Geschichte der Bundesrepublik kommt vor Gericht: die Spitzelaffäre bei der Deutschen Telekom. Das Verfahren um das Ausspionieren von Journalisten und Gewerkschaftern beginnt an diesem Freitag vor dem Bonner Landgericht. Auf der Anklagebank sitzen drei frühere Mitarbeiter des Konzerns und ein Geschäftsmann. Bisher ungelöste Kernfrage: Wer zettelte die Affäre mit welchen Vorgaben an?

Als eine Schlüsselfigur des Skandals gilt der frühere Leiter der Konzernsicherheit, der sich gemeinsam mit zwei Kollegen und dem Chef einer Berliner EDV-Firma verantworten muss. Der Abteilungsleiter war laut Anklage vom damaligen Telekom-Chef Kai-Uwe Ricke beauftragt worden, das "Leck" zu ermitteln, nachdem im Januar 2005 vertrauliche Informationen über die Unternehmensplanung veröffentlicht worden waren.

Der Mann ließ nach Überzeugung der Staatsanwaltschaft daraufhin die Telefonverbindungsdaten von Mitgliedern des Aufsichtsrats und mehrerer Journalisten aufzeichnen - das illegale Projekt erhielt den Namen "Rheingold". Danach wurden noch Telefondaten erfasst.

Die Staatsanwaltschaft wirft den vier Angeklagten gemeinschaftlichen Verstoß gegen das Bundesdatenschutzgesetz in Tateinheit mit Verletzung des Fernmeldegeheimnisses beziehungsweise Beihilfe hierzu vor. Der ehemalige Abteilungsleiter muss sich außerdem wegen Untreue und Betrugs verantworten, dem Berliner Geschäftsmann wird zudem Beihilfe zur Untreue sowie versuchte Erpressung zur Last gelegt.

Die Ermittlungen gegen Ricke und den Aufsichtsratsvorsitzenden Klaus Zumwinkel waren im Juni eingestellt worden. Die Bonner Staatsanwaltschaft sah "keinen hinreichenden Tatverdacht", dass sie die Ausspähaktion angeordnet hätten. Ricke und Zumwinkel sollen aber als Zeugen im Prozess geladen sein und aussagen. Beide haben stets bestritten, von den Bespitzelungen gewusst oder sie angeordnet zu haben.