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Urteil im Spruchverfahren für April erwartet

Prozess um T-Online-Wiedereingliederung: Kläger hoffen auf Milliarde

13.02.2008
Im Prozess um die Wiedereingliederung des Internet-Unternehmens T-Online in die Deutsche Telekom hat die entscheidende Phase begonnen. Das Frankfurter Landgericht befragte am Dienstag erstmals ehemalige T-Online-Manager als Zeugen, um die damalige Bewertung der Gesellschaft zu klären.

Mehrere frühere T-Online-Aktionäre wollen eine höhere Abfindung durchsetzen. Von dem Urteil in dem sogenannten Spruchverfahren könnten auch Aktionäre profitieren, die gar nicht gegen die Zwangsabfindung geklagt hatten. Kläger-Anwalt Peter Dreier sagte nach der Verhandlung, er sehe gute Chancen, dass die Telekom schließlich mehr als eine Milliarde Euro nachzahlen müsse. Das Urteil soll voraussichtlich im April gefällt werden.

In der ersten mündlichen Verhandlung machte das Gericht deutlich, dass es sich bei seinem Urteil nicht an seinen zunächst vorgelegten Vergleichsvorschlag orientieren müsse. Danach hätte die Telekom den früheren T-Online Aktionären rund 600 Millionen Euro zahlen sollen. Dies hatte das Unternehmen abgelehnt. Bei einem Urteil sei sowohl eine höhere Summe als auch gar keine Entschädigung möglich, stellte der Vorsitzende Richter klar.

Im Mittelpunkt des Rechtsstreits steht die Bewertung der Telekom und der damaligen T-Online AG. Der frühere T-Online-Chef Rainer Beaujean berichtete der Kammer, wie das Unternehmen damals Zehnjahrespläne erstellt habe. Er sei der Auffassung gewesen, dass die Planungsdaten realistisch seien. Es habe zudem von der Telekom AG keine Vorgaben für die Bewertungen einzelner Unternehmensteile gegeben.

Der 2004 ausgeschiedene frühere T-Online-Chef Thomas Holtrop sagte, zu seiner Zeit an der Spitze des Unternehmens sei eine Fusion beider Unternehmen noch nicht im Gespräch gewesen, wohl aber eine engere Verflechtung des Managements. Er wies darauf hin, dass es im Internet-Geschäft Wachstumssprünge geben könne, die kaum prognostizierbar seien.

Die Telekom hatte Aktien ihrer Tochter T-Online auf dem Höhepunkt des Internet-Booms im Jahr 2000 zu 27 Euro an die Börse gebracht und die Papiere nach dem Platzen der Blase zu einem deutlich niedrigeren Preis zurückgekauft. Zunächst bot die Telekom den Anteilseignern der T-Online AG ein Barabfindungsangebot von 8,99 Euro pro Aktie. Später wurden die noch verbliebenen Aktionäre zu einem Aktientausch gezwungen. Für jedes T-Online-Papier erhielten sie 0,52 T-Aktien.

Die Telekom sah sich nach der Verhandlung in ihrer Position bestätigt. Gegenstand der Zehnjahresplanung seien konkrete Aussagen über die Entwicklung des Unternehmens gewesen, sagte Sprecher Andreas Leigers. Das Umtauschverhältnis sei seinerzeit nach aufwendigen Berechnungen von einem gerichtlich bestellten Verschmelzungsprüfer als angemessen befunden worden. Kläger-Anwalt Dreier erklärte hingegen, er sehe nun gute Chancen für eine komplette Neubewertung der Übernahmebedingungen. Die Telekom solle besser jetzt eine außergerichtliche Lösung finden, statt jahrelang Prozesse zu führen.

Gegen die Verschmelzung von T-Online mit dem Mutterkonzern waren mehrere Gerichtsverfahren angestrengt worden. Erst nach einem Urteil des Bundesgerichtshofs im Juni 2006 konnte die Transaktion vollzogen werden. Im Frankfurter Verfahren sind im Anschluss an das Urteil des Landgerichts noch Rechtsmittel beim Oberlandesgericht möglich. (dpa/tc)