Patentrezepte für die Zugangskontrolle gibt es nicht:

Projektprobleme erfordern externe Hilfe

04.10.1985

Ein höherer Sicherheitsstandard gehört zu den Wünschen vieler Unternehmensleitungen. Die Überlegungen zur Einführung eines Zugangskontrollsystems oder auch einer DV-gestützten Zeiterfassung gestalten sich jedoch häufig schwierig, da Patentrezepte auf Grund unterschiedlicher Anforderungen nicht einsetzbar sind. Gerhard Dobler* beschreibt in seinem Beitrag Probleme und Lösungsmöglichkeiten zur optimalen Gestaltung eines solchen Systems.

Veraltete, technisch anfällige Stempeluhren oder Zeiterfassungsgeräte, aufwendige Handhabung bei der monatlichen Zeitabrechnung Einführung der Gleitzeit sowie immer höhere Komplexität im Zusammenhang mit der Einführung flexibler Arbeitszeiten sind meist der Anlaß für den Entschluß der Unternehmen, elektronische Zeiterfassungs- und Zeitabrechnungssysteme einzuführen.

Dazu kommt häufig der Wunsch seitens der Unternehmensleitung durch eine elektronische Zugangskontrolle und Gebäudeüberwachung im Unternehmen einen höheren Sicherheitsstandard zu erreichen.

Bereits die Vorphase solcher Projekte, nämlich grundsätzliche Überlegungen über Art und Umfang der einzuführenden Hard- und Software, gestaltet sich so schwierig, daß von vielen Unternehmen von vornherein oder nach anfänglichen eigenen Versuchen auf Leistungen externer Berater zurückgegriffen wird, die solche Projekte bereits mehrfach durchgeführt haben und eine zielgerichtete und methodische Vorgehensweise gewährleisten können. Daraus ergibt sich insbesondere der Vorteil, daß sich entsprechende Erfahrungen von einem Betrieb auf den anderen übertragen.

Ein eindeutig übertragbares Patentrezept gibt es allerdings nicht.

Dies würde zu gravierenden Fehlentscheidungen führen, da sich die Bedingungen im Einzelfall wesentlich unterscheiden können.

Damit nimmt die Ist-Aufnahme im Rahmen der Voruntersuchung zunächst breiten Raum ein und erstreckt sich über alle Detailfragen zur personellen, sachlichen und räumlichen Ausstattung. Neben den schriftlich fixierten Vereinbarungen, wie Tarif- oder Betriebsvereinbarungen, sind vor allem die "Gewohnheitsrechte", die nicht beschnitten werden dürfen ,sowie zukünftige Planungen und voraussehbare Entwicklungen von Interesse. Hinzu kommen Untersuchungen aller schützenswerten Bereiche im Hinblick auf die Zutrittskontrolle.

Nur mit Hilfe einer derartigen Voruntersuchung ist allerdings die weitgehende Abbildung des aktuellen Ist-Zustandes auf die ins Auge gefaßte neue Gerätewelt überhaupt möglich. Damit werden bei den Betroffenen ein realistischer Erwartungshorizont und eine generell positive Einstellung gegenüber dem neuen System geschaffen.

Mit diesen Überlegungen und Erkenntnissen ist noch keine Vorstellung über ein Hardware- oder ein Software-System an sich verbunden, sondern lediglich ein Organisationsvorschlag und die Konsequenzen, die sich für die einzelnen Bereiche des Betriebes ergeben.

Im Auswahlprozeß auf Datendurchfluß achten

Auch der Auswahlprozeß für das passende System stellt sich relativ schwierig dar, da bei Unternehmen mit eigener EDV-Kapazität zunächst die Möglichkeit untersucht werden muß, ob die Software auf den Großrechner gelegt und die Terminals mit Erfassungsrechnern zusammengepaßt werden können, die lediglich Datensammel- und Vorprüfungsfunktionen besitzen.

Besonders vorteilhaft ist diese Alternative dann, wenn die Betriebsstätten und Personalbüros ohnehin mit Bildschirmen ausgestattet sind.

Prüfenswert ist auch die Nutzungsmöglichkeit der vorhandenen Telefonvermittlungsanlage, da einige Hersteller einen Terminalanschluß über eine Datenschnittstelle an Nebenstellenanlagen anbieten.

Sollte die Verfügbarkeit beziehungsweise Eignung des Zentralrechners oder der Telefonvermittlungsanlage nicht gesichert sein, bleibt nur die Alternative eines eigenständigen Zeiterfassungs- und Abrechnungs-Systems inklusive Software und der zugehörigen Geräte. Dies bedeutet zusätzliche Hardware-Aufwendungen, insbesondere für den Fall, daß betriebsseitig eine relativ hohe Anzahl von Datensichtgeräten gefordert wird, um dort auftretende Änderungen, wie Sonderzeiten, Springer, Mehrarbeitsstunden, dem System sofort mitteilen zu können.

Bei der Hardware-Auswahl kann auf langwierige Ausschreibungen verzichtet werden, wenn die entsprechenden Vorbereitungsarbeiten sorgfältig durchgeführt wurden. Auch in dieser Phase erweist es sich als vorteilhaft, wenn auf bereits vorhandene Produktkenntnisse eines Beraters zurückgegriffen werden kann, so daß meist nach der Phase der Voruntersuchung auch die in die engere Wahl kommenden Hardware-Hersteller beziehungsweise System-Häuser bereits feststehen.

Die kritische Besichtigung von ein bis zwei Referenzinstallationen, ein intensives Informationsgespräch mit den Herstellern und verbindliche Angebote bilden die Grundlage für eine Hard- und Software-Auswahl.

Sehr wichtig ist die Erarbeitung eines detaillierten Pflichtenheftes, das von sachkundigen Beratern erstellt wird. Es enthält auch diejenigen geforderten Produkteigenschaften, die in den Leistungsbeschreibungen oft nur unzureichend oder überhaupt nicht beschrieben sind, beziehungsweise auf die vom Auftraggeber besonderer Wert gelegt wird.

Mit Betriebsrat gegen Akzeptanzprobleme

Auf der Basis dieser Unterlagen kann gleichzeitig eine neue Betriebssystemvereinbarung erstellt und abgeschlossen werden. Ohne die Genehmigung des Betriebsrates sollten keine vertraglichen Verpflichtungen mit einem Hersteller eingegangen werden, da sonst die Gefahr besteht, daß die Einführung des Systems blockiert wird.

Im Anschluß erfolgt die exakte vertragliche Fixierung der Hardware und Software-Leistungsinhalte, verbunden mit einem verbindlichen Liefertermin und einem Stufenplan für die Inbetriebnahme.

Bei der Einführung wird zunächst von einer oder mehreren kleinen Einheiten im Unternehmen ausgegangen, die für den Test sämtlicher Systemfunktionen den Pilotanwender darstellen. Das Durchspielen eines kompletten Abrechnungszyklusses inklusive Eingang der Daten in das Lohn- und Gehaltsprogramm sowie der Auswertungen ist erforderlich, bevor man das System flächendeckend über das gesamte Unternehmen einsetzt.

Es ergibt sich ein Realisierungszeitraum, der erfahrungsgemäß in keinem der Fälle unter 15 bis 18 Monaten liegt. Die Zeitdauer bezieht sich auf die Spanne zwischen der Vorentscheidung, ein solches Projekt in Angriff zu nehmen, bis zum problemlosen und kostensparenden Einsatz im Unternehmen. .

Dabei sollte beachtet werden, daß die Projektkosten in der Praxis bis zu 50 Prozent aus den Kosten der allgemeinen Organisation und Einführung bestehen können und nur der Rest die Investition in die erforderliche Hard- und Software darstellt.

Diese Relation verlagert sich dann noch mehr in die Richtung der Organisations- und Einführungskosten, wenn bei der Ist-Aufnahme wichtige Punkte übersehen wurden und diese Versäumnisse zu Problemen beim Praxiseinsatz führen.

Damit zeigt sich, daß die "billigste Lösung" nicht immer die beste ist , insbesondere dann nicht, wenn von vornherein qualitative Bedenken bestehen beziehungsweise einige Funktionen nicht entsprechend den ursprünglichen Vorstellungen ausgestaltet sind, so daß sie für die Einführung und praktische Handhabung Mehraufwand bedeuten. So wird sich der Einsatz eines erfahrenen Beraters auch bei den modernen Zeiterfassungssystemen als die preiswerteste und sicherste Lösung erweisen.

* Gerhard Dobler ist Projektleiter bei der Dr. Städtler GmbH Unternehmensberatung,

Nürnberg.

Es ergeben sich verschiedene Phasen bei der Einführung eines Zeiterfassungs-, Zeitabrechnungs- und Zutrittskontroll-Systems:

Vorentscheidung

Voruntersuchung

Interne Abstimmung

Herstellerauswahl

Pflichtenheft

Vertragsverhandlungen

Auftragsvergabe

Vorbereitende Arbeiten (bis zur Lieferzeit)

Installation des Systems

Parallellauf

Echteinsatz