Projektkostenkontrolle

16.09.1977

Jürgen Vedder, freier EDV - Berater, Monheim

Fast jeder größere Industriebetrieb unterhält Forschungs - und Versuchsabteilungen, die ständig auf der Suche nach neuen Produkten und Fertigungsverfahren sind, unabhängig davon, ob die jeweils laufenden Versuchsreihen jemals zum Erfolg führen werden oder nicht. Die Folgekosten einer mangelhaften Entscheidungsfindung können unter Umständen ein Vielfaches der nicht zweckgebundenen Kosten ausmachen und häufig wird dies überhaupt nicht bemerkt. Ich meine deshalb, man sollte, wenn es irgend möglich ist, einen Teil der Entwicklungskapazität in der EDV nicht zweckgebunden einsetzen. Selbst laufende Verfahren sind selten so optimal, daß sie nicht noch verbessert werden könnten.

Liegt jedoch die Verfahrensweise für ein Projekt einmal fest, so ist eine ziemlich exakte Kostenkontrolle im Zusammenhang mit Budgetvorgaben sehr wohl durchführbar. Dies beginnt mit der Schätzung der Sollkosten, um der verantwortlichen, anfordernden Fachabteilung (Kostenstelle) von vornherein einen Überblick zu verschaffen, was da in Zukunft ihr Budget in die Höhe treiben wird. Vielfach ist gar nicht klar, was so eine "simple Liste" unter Umständen für einen Aufwand in der EDV bedeutet. Wird der Kostenvoranschlag akzeptiert, so ist das Projekt wohl auch wichtig genug, um von der EDV ernsthaft bearbeitet und eingeführt zu werden. Handelt es sich im Falle der Ablehnung um ein Vorhaben, welches notwendiger Bestandteil einer Gesamtintegration ist, so sollten die fraglichen Kosten von übergeordneter Stelle, etwa dem zuständigen Geschäftsleitungsressort, budgetär getragen werden.

Im Zuge der Bearbeitung sind sämtliche Istkosten gewissenhaft festzuhalten. Nachträgliche Wünsche der Fachabteilung haben ein Nachtragsbudget zur Folge. Überschreiten die Istkosten dennoch die SolIkosten Kostenvoranschlags, so ist die Differenz dem Budget der EDV - Abteilung anzulasten, weil dann die Ursachen der Kostenüberschreitung entweder im Kostenvoranschlag oder in Terminüberschreitungen der EDV - Leute zu suchen sind. Von entscheidender Bedeutung ist, daß die für die Erarbeitung des Projektes verantwortlichen Mitarbeiter an den Aufwandsschätzungen beteiligt waren. Das dokumentiert nicht nur die Eigenverantwortlichkeit für die eigenen Schätzungen, sondern kann die Mitarbeiter erfahrungsgemäß auch ungemein motivieren.

Der Kostenvoranschlag enthält die Entwicklungskosten und die laufenden Kosten der Anwendung. Die Entwicklungskosten basieren im wesentlichen auf Zeitschätzungen für die Analyse, Programmierung und das Testen (einschließlich der dafür benötigten externen oder internen Rechenzeiten). Diese Zeitschätzungen werden mit den innerbetrieblichen Verrechnungspreisen bewertet.

Die Kosten der späteren laufenden Abwicklung ergeben sich aus:

- Schätzungen der benötigten Maschinenzeit oder durch Ermittlung der Belastung von benötigten Systemkomponenten aufgrund des vorliegenden Mengengerüsts. Dies geschieht in der Regel nach dem Schema der heute gebräuchlichen Accounting - Routinen .

- Kosten für zusätzlich benötigte Hardware - Komponenten.

- Material -, Erfassungs - und Nachbearbeitungskosten.

Entscheidende Voraussetzungen für die Einführung eines EDV - Budgetverfahrens sind, daß die EDV im Hause überhaupt von allen Fachabteilungen akzeptiert wird und das installierte System einigermaßen ausgelastet ist, da sonst die gesamten Systemkosten von einigen wenigen Fachabteilungen getragen werden müssen.

Unter den oben genannten Voraussetzungen kann folgendes Verfahren in die ohnehin erforderliche Projektdokumentation integriert werden:

1. Kostenvoranschlag

Für jedes Projekt sowie auch für Änderungswünsche an schon bestehenden Programmen ist eine schriftliche Anforderung der Fachabteilung erforderlich. Davon ausgehend wird von dem zuständigen Projektteam ein Kostenvoranschlag erstellt. Bei dieser Gelegenheit wird das Vorhaben dann auch gleich vorläufig in den Gesamtterminplan

der Systemanalyse und Programmierung eingeordnet. Die Kostenvoranschläge werden laufend numeriert. Sie enthalten für spätere mögliche Recherchen außerdem einen deutlichen Hinweis darauf, ob die Fachabteilung die Kosten für das Projekt akzeptiert oder abgelehnt hat.

2. Projektauftrag

Bei Akzeptierung des Kostenvoranschlags durch die Fachabteilung wird ein Projektauftrag erstellt. Dieser enthält neben der detaillierten Projektbeschreibung ein Formular zur Erfassung aller im Laufe der Realisierungsphase anfallenden Projektarbeiten. Sie werden zunächst der Einfachheit halber auf Stundenbasis notiert. Im Zuge der fortschreitenden Analyse sollte für jedes zu erstellende Programm ebenfalls ein Programmauftrag, versehen mit der Identnummer des Kostenvoranschlags, angelegt werden. Die aufgelaufenen Kosten der einzelnen Programmaufträge werden periodisch auf den Haupt - Projektauftrag übertragen; hierfür müssen die zunächst auf Stundenbasis notierten Aufwendungen mit den innerbetrieblichen Kostensätzen bewertet werden. Damit ist der Projektauftrag gleichzeitig ein brauchbarer Beleg für den Projektfortschritt.

3. Praktische Auswirkungen

Aufgrund der vorstehenden Verfahrensbeschreibung könnte man eine erhebliche Steigerung des ohnehin manchmal schon sehr umfangreichen und zeitaufwendigen Papierkrieges vermuten. Wird ein solches Verfahren bei einer schon einigermaßen ausgelasteten EDV - Abteilung eingeführt, so müssen zunächst die Kosten der laufenden Arbeiten mit sinnvollen Umlageschlüsseln auf die einzelnen Kostenstellen verteilt werden. Die Wahl des Umlageschlüssels hängt in der Regel von der jeweiligen Struktur des betreffenden Arbeitsgebietes und vom Integrationsgrad der laufenden Verfahrens ab.

Es ist manchmal unglaublich, wie viele Auswertungen nach der Einführung eines solchen Verfahrens plötzlich nicht mehr benötigt werden. Laufzeiteinsparungen von 20% und mehr sind die Regel.