Grundsätzliches Interesse an einer Minderheitsbeteiligung vorhanden

Progress bestreitet Gespräche über Beteiligung durch Softlab

02.10.1992

MÜNCHEN (qua) - Von Softlab selbst gestreute Gerüchte um eine mögliche Beteiligung der BMW-Tochter an der Progress Software Corp. hat jetzt der Präsident des in Bedford, Massachusetts, ansässigen Unternehmens, Joseph Alsop, dementiert: Bislang hätten keine "seriösen" Gespräche zwischen ihm und dem Management des "Maestro"-Anbieters stattgefunden.

Progress war nur eines in einer Reihe von US-amerikanischen Software-Unternehmen, bei denen Softlab eigenen Angaben zufolge wegen einer Beteiligung oder Übernahme vorgesprochen hat (vgl. CW Nr. 38 vom 18. September 1992, Seite 5: "BMW hat jetzt auch den Rest der Softlab GmbH übernommen"). Dabei wurde ebenfalls die Intersolv Inc. genannt, deren Europa-Chef Michael Cocks bestreitet, mit Softlab über ein finanzielles Engagement diskutiert zu haben.

Offizieller Softlab-Lesart zufolge haben solche Dementi nicht viel zu bedeuten: Nach US-amerikanischem Börsenrecht seien Unternehmen, die sich in Beteiligungs- oder Übernahmeverhandlungen befinden, verpflichtet, darüber bis zu deren Abschluß Stillschweigen zu bewahren.

Allerdings nennt Progress-Chef und -Mitbegründer Alsop plausible Gründe dafür, warum Softlab an seinem Unternehmen nur mäßiges Interesse haben könne: Die BMW-Tochter suche einen Partner, der sich vor allem auf den Front-end-Bereich konzentriere. In dieser Hinsicht sei Knowledgeware ein ungleich interessanterer Kandidat. Zwischen dem Produktangebot von Softlab und Progress gebe es zu viele Überschneidungen.

Immerhin räumt Alsop ein daß er einer Minderheitsbeteiligung durch die Deutschen grundsätzlich positiv gegenüberstehe aus einem ähnlichen Grund, weshalb sich Softlab an einem US-Anbieter beteiligen will: Ein Finanz-Engagement der BMW-Tochter würde Progress auf dem europäischen und speziell dem deutschen Markt einige Türen öffnen, die jetzt noch verschlossen sind.

Die 1991 gegründete Progress Software Corp beschäftigt der zeit 500 Mitarbeiter in 35 Niederlassungen vergangenen Geschäftsjahr - Dezember 1990 bis November 1991 - nahm das Unternehmen rund 58,3 Millionen Dollar ein, wovon 40,5 Millionen auf das Konto von Softwarelizenzen ging und der Rest, etwa 30 Prozent mit Maintenance- und Support-Leistungen generiert wurde. Die Umsatzsteigerung gegenüber dem Vorjahr betrug mehr als 45 Prozent, während das Verhältnis zwischen Lizenz- und Wartungseinnahmen annähernd gleich blieb Die Umsatzrendite lag zuletzt bei über zehn Prozent.

In den ersten sechs Monaten des laufenden Geschäftsjahres nahm der Software-Anbieter mehr als 38 Millionen Dollar ein. Der Vergleichswert für 1991 lag bei rund 27 Millionen Dollar.

Progress entwickelt und vertreibt eine gleichnamige Programmiersprache der vierten Generation, in die ein Datenbanksystem und ein Set von Anwendungsentwicklungs-Werkzeugen integriert sind.