Softwarehäuser portieren bisher nur Bestseller:

Programmentwickler ignorieren OS/2

02.12.1988

MENLO PARK (IDG) - Obwohl IBMs Betriebssystem OS/2 inzwischen seit fast zwei Jahren auf dem Markt ist, gibt es kaum Applikationen, die auf seinen Multitasking-Funktionen aufbauen oder andere Merkmale nutzen, die MS-DOS nicht bietet. Die Begründung von Marktkennern: Niemand rechnet vor 1990 mit dem Durchbruch und genügender Akzeptanz des Systems.

Als Folge dieser Einschätzung portieren nur wenige Unternehmen ihre Programme auf OS/2 - und wenn, dann nur die Bestseller. Das wird sich nach Meinung von Experten erst ändern, wenn die Nachfrage nach OS/2 zunimmt. Ein weiterer Grund für das Zögern der Softwareentwickler ist die noch ungeklärte Frage, auf welche Version die Applikationen zugeschnitten werde sollen. Zur Diskussion stehen bisher eine Character-orientierte und eine grafische Variante. Nach Einschätzung der Software-Entwickler sind OS/2 und der Presentation Manager außerdem nicht eben unkomplizierte Programmier-Umgebungen. "Sie bieten einen hohen Durchsatz und eine Menge Funktionen", sagt ein Sprecher des US-Unternehmens Zenographic. "Man braucht aber auch hochqualifizierte Programmierer, die nur schwer zu finden sind."

"OS/2 wäre um einiges attraktiver, wenn es bestehende MS-DOS-Applikationen im Multitasking-Modus fahren könnte, wie es OS/3 für die Zukunft verspricht", sagen Branchenkenner. Mit OS/3, der geplanten t Nachfolgeversion von OS/2, rechnen Insider jedoch nicht vor Ende des kommenden Jahres. "Niemand wird sich für OS/2 entscheiden", sagt David Montagna von Computer Associates, "um dann eine einzige angebotene Anwendung fahren zu können und dafür auf die gesamte DOS-Welt verzichten zu müssen. Was man braucht, ist ein ganzes Bündel von Applikationen unter OS/2, die auf die gleiche Weise arbeiten".