Produktwandel erzeugt Technologie-Unsicherheit beim Anwender

Produzenten von Routern und Hubs kommen sich ins Gehege

22.10.1993

MUENCHEN (pg) - Die Zeiten der strengen Segmentierung im Internetworking-Markt sind vorbei. Unter den Herstellern von Bridges, Routern und Hubs hat ein Kampf um weitere Marktanteile eingesetzt, der traditionelle Hub-Produzenten nun im Bridge- und Router-Revier wildern laesst und umgekehrt. Besonders spuerbar wird dieser Trend derzeit im Bereich der remoten Branche-Office- Loesungen, wo die groessten Wachstumschancen liegen.

Die Zeichen bei den Internet-working-Companies stehen auf Sturm. Nach dem Boom der letzten Jahre, als der Markt Platz fuer nahezu alle Anbieter liess, beginnen die Gewinne jetzt langsam wegzubrechen. Insbesondere die Entwicklung der Hubs und die seit 1992 starke Nachfrage der Anwender nach diesen Geraeten hat den Spielraum fuer die klassischen Bridge- und Router-Hersteller eingeschraenkt. Problematisch fuer diese Anbieter ist nicht nur eine gewisse Marktsaettigung, sondern auch der verstaerkt zu beobachtende Trend bei Hub-Produzenten, Bridging- und Rou-ting-Funktionen in ihre Produkte zu integrieren.

"Momentan versucht jeder Hersteller, sich von jedem Kuchen ein Stueck abzuschneiden", beschreibt Petra Borowka, unabhaengige Beraterin Netzwerke, den Status quo im Internetwor-king-Markt. Mittelfristig, glaubt die Expertin, werden die Anbieter jedoch feststellen, dass die Produktion von Spitzenmodulen auf allen Gebieten sehr schwierig ist. Die Hersteller muessten sich dann entweder wieder auf ihr Kerngeschaeft konzentrieren oder den Erfolg ueber Zusammenschluesse suchen.

Zumindest auf die letztere Tendenz deuten einige Entwicklungen der vergangenen Wochen hin. Nachdem die gemeinsamen "Rub"-Plaene von Hub-Marktfuehrer Synoptics und dem Bridge- sowie Router- Spitzenreiter Cisco im Sande verlaufen sind, haben sich beide Unternehmen nach anderen Partnern umgesehen. Synoptics hat durch die Uebernahme von Coral Networks fehlendes Routing-Know-how gewonnen (vgl. CW, Nr. 41 vom 8. Oktober 1993, S. 2), waehrend sich Cisco von der Akquisition Crescendo Communications spezielles Hub- Wissen verspricht. Defizite im Bridging und Routing versucht auch Network Systems durch den Kauf des Hub-Spezialisten Bytex auszumerzen.

Interessenkonflikt im Bereich remote Offices

Besonders eklatant tritt der Interessenkonflikt zwischen den Lagern derzeit im Bereich der Anbindung von remote offices zutage. Dort bieten die Hub-Hersteller in Konkurrenz zu den Stand-alone- Systemen der Rou-ter-Companies Knoten mit integrierten Routing- Features an. In Hubs implementierte Angebote reichen heute von Routing-Modulen bis zu PC- und Server-Komponenten, die Netzfunktionen unterstuetzen und somit die Anzahl der Rechner im remoten Office minimieren.

Die Groessen Synoptics und Cabletron haben zum Beispiel kuerzlich PC- Module fuer ihre Hubs angekuendigt, die Software-basierte Router und Netzwerk-Betriebssysteme fahren koennen und, vom Netzadministrator vor-konfiguriert, nur noch in den Slot des Aussenstellen-Hubs einzustecken sind. Unbeantwortet ist jedoch die Frage, wie diese Server- und PC-Module ins Netz-Management eingebunden werden koennen.

Im Gegenzug fertigen Bridge- und Router-Erzeuger wie Cisco mit dem 2000 Access Router oder 3Com mit dem Boundary Router spezielle Low-cost-Produkte fuer die Anbindung entfernter Aussenstellen - konzentrieren sich darueber hinaus, wie die Akquisitionen beweisen, aber auch auf die Entwicklung und Produktion von integrierbaren Loesungen.

"Hubs sind vom heutigen Stand der Technik gesehen noch nicht soweit, Bruecken und Rou-ter ganz ersetzen zu koennen", begruendet Beraterin Borowka ihre Vermutung, warum auch weiterhin Bedarf an Low-level-Produkten im Bridge- und Router-Sektor existieren wird. Fuer Stand-alone-Loesungen spricht jedenfalls der Umstand, dass die Verarbeitungszeiten in Hub-eigenen Bruecken- und Router-Modulen in der Regel laenger sind und im Fall eines Hub-Absturzes das gesamte System einer entfernten Aussenstelle ausfaellt, es sei denn, ein kostspieliger, parallel laufender Back-up-Rechner sichert ab.

Trotzdem ist Borowka wie zahlreiche andere Marktbeobachter ueberzeugt, dass der Trend im Internetworking generell zu einer Box (High-end-Hub) fuehren wird, die saemtliche Loesungen integriert. "Die Abhaengigkeit des Anwenders vom Hersteller wird durch eine solche Mischloesung groesser", warnt allerdings die Fachfrau, die gegenwaertig eine Phase der Unsicherheit beim User ausmacht, aehnlich wie bei der Frage: ATM oder FDDI?