Produktverfuegbarkeit erst fuer das kommende Jahr geplant Sybase will Oracle auch im Werkzeugsektor Paroli bieten

17.09.1993

MUENCHEN (qua) - Ihr datenbanklastiges Produktspektrum will die Sybase Inc., Emeryville, Kalifornien, auf den Anwen- dungsentwicklungs-Sektor ausdehnen. Gleichzeitig mit der Marktfreigabe von "Gain Momentum 2.0" kuendigte sie zwei weitere Entwicklungsum- gebungen an - allerdings erst fuer das kommende Jahr.

Im Gegensatz zum Erzrivalen Oracle hat Sybase den Ent- wicklungsabteilungen bislang wenig anzubieten: Aufgrund ihrer zeichenorientierten Oberflaeche und konventionellen Arbeitswei- se entsprechen die als "APT Workbench" vermarkteten Werk- zeuge kaum noch dem juengsten Stand der Technik. Vorzeigbar ist allenfalls das von Gain Techno- logy uebernommene Multimedia-Toolset Gain Momentum. Folg- lich trug der gesamte Tool-Bereich im vergangenen Jahr auch nur ein Fuenftel zum Sybase-Umsatz bei, waehrend die mit dem Datenbanksystem "SQL Server" generierten Einnahmen dreimal so hoch ausfielen. Robert Epstein, im Rang eines Vice-Presidents fuer die Sybase-Werkzeuge verantwortlich, erwartet eigenen Angaben zufolge, dass sich dieses Verhaeltnis bis zum uebernaechsten Jahr aendern wird - auch wenn er seine Spekulationen keineswegs beziffern will.

Front-end-Umgebung und Tools auf Repository-Basis

Als Hoffnungstraeger im Werk- zeugsektor fungiert eine Familie von Anwendungsentwicklungs-Werkzeugen, die quasi um Gain Momentum herum konzipiert wurde: Ende des kommenden Jahres soll diese Serie komplett verfuegbar sein. Im einzelnen handelt es sich dabei um die Front-end-Umgebung "Build Momentum" sowie um ein Repository- basiertes Client-Ser- ver-Toolset mit der Bezeichnung "Enterprise Momentum". Neben OSF/Motif-Plattformen will Sybase mit den jetzt angekuendigten Produkten auch Windows, Windows NT sowie Macintosh unterstuetzen.

Interessierte Anwender werden sich allerdings noch eine Weile gedulden muessen. Keines der neuen Tools wird vor Anfang des kommenden Jahres verfuegbar sein. Mit der Auslieferung der Windows- beziehungsweise Windows-NT-Ausfuehrung von Build Momentum ist fuer das erste Quartal 1994 zu rechnen, wohingegen die Versionen fuer Macintosh und Motif erst drei Monate spaeter folgen sollen. Enterprise Momentum laesst noch laenger auf sich warten; die Back- end-Umgebung wird fruehestens im Spaetsommer des kommenden Jahres zur Auslieferung bereitstehen.

Migrationspfad in die objektorientierte Welt

Ob die Sybase-Werkzeuge zum Shipping-Zeitpunkt noch die Speerspitze der Anwendungsent- wicklungs-Technik bilden werden, ist fraglich. Vom heutigen Standpunkt aus klingt die Ankuendigung allerdings vielversprechend: Die neuen Ent- wicklungs-Tools seien durchweg grafikorientiert und wuerden den Entwicklern einen praktikablen Migrationspfad in die objekt- orientierte Welt oeffnen.

Sowohl Gain Momentum als auch Build Momentum koennen, so verspricht Sybase, auf die in Enterprise Momentum integrierte Entwicklungsdatenbank zugreifen. Damit sei es moeglich, das Multimedia-Paket beziehungsweise die Front-end-Tools als Entwicklungswerkzeuge innerhalb einer Enterprise-Momen- tum- Umgebung zu nutzen. Darueber hinaus liessen sich die Produkte - je nach Projekt- anforderung - aber auch separat einsetzen.

Build Momentum verfuegt laut Anbieter ueber einen Multi- threaded- Kernel, der es erlaube, Hunderte von Anwendern sowie unterschiedliche Betriebs- system-Plattformen gleichzeitig zu unterstuetzen. Alleinstellungs- merkmal des Toolsets sei zudem seine Performance-Optimierung. Diese Funktion identifiziere haeufig eingesetzte Anwendungsteile und setze sie automatisch in Maschinencode um. Ausserdem verfuege das Produkt ueber Editoren, mit denen sich jeweils die Client- und die Server-Komponenten einer Applikation erfassen lasse.

Last, but not least, erlaube Build Momentum die Inte- gration mit unterschiedlichen Datenquellen. Das erste Release unterstuetze neben dem SQL Server bereits DB2 und Oracle, wobei es mit der ODBC-Schnittstelle von Microsoft sowie mit dem Sybase-eigenen Omni SQL Gateway arbeite. Im Planungsstadium befinde sich jedoch auch eine direkte Zugriffsmoeglichkeit auf Oracle-Daten.

Anwendungsgenerierung und -wartung durch Modelle

Enterprise Momentum wurde fuer die Entwicklung grosser, unternehmensweiter Client-Server-Anwendungen konzipiert und soll objektorientierte Techno- logie mit einer auf Geschaeftsmo- dellen basierenden Anwen- dungsgenerierung sowie -wartung verbinden. Zu diesem Zweck hat Sybase ein eigenes Vorgehens- modell entworfen, das die Kalifornier mit dem Schlagwort "Applications by Models" ankuendigten. Den Begriff Modelle definieren sie dabei als grafische Beschreibungen von Geschaefts- prozessen, Datenstrukturen und Benutzerschnittstellen.

Nach Anbieterinformationen ermoeglicht Enterprise Momen- tum allerdings nicht nur die Beschreibung von Geschaeftspro- zessen, sondern auch die Analyse von Fehlern. Des weiteren definiere das Entity-Relationship-Modell neben Datenstrukturen auch Berechnungen, Constraints und deklarative Geschaeftsregeln. Schliesslich umfasse das GUI-Modell auch Event-Logik und Integritaetsregeln.

Als Hilfsmittel fuer die Modellbildung soll ein integriertes Toolset mit der Bezeichnung "Enterprise Modeller" dienen. Um die Modelle abzulegen, steht eine Entwicklungsdatenbank, der "Enterprise Meta Server", bereit. Die "Enterprise Application Builders" sind dafuer konzipiert, Client- sowie Server-Anwen- dungen zu generieren und - im Falle einer Modellveraenderung - die Komponenten dieser Ap- plikationen zu regenerieren und zu verteilen.

Programmier-Schnittstellen sollen offengelegt werden

Sybase will die Programmier-Schnittstellen des Enterprise Meta Servers offenlegen. Dadurch sollen Drittanbieter ermutigt werden, ihre Werkzeuge an das Repository anzudocken. Unterstuetzung haben bislang Bachman Informations Systems, IDE sowie LBMS zugesagt.

Ueber die Sybase-eigenen Connectivity-Produkte Omni SQL Gateway und Open Server sollen die mit Enterprise Momentum generierten Anwen- dungen Daten aus Oracle und DB2 nutzen koennen.

Wie das Software-Unterneh- men verspricht, wird es die APT Workbench weiter unterstuetzen. Allerdings macht es kein Hehl daraus, dass es den APT-Anwendern dennoch die Migra- tion in eine Build-Momentum-Umgebung ans Herz legt. Die neue Umgebung verstehe die APT-Sprache "APT SQL" und damit auch den APT-Anwendungs- code.

Die mit dem Software-Anbieter Deft akquirierten CASE-Pro- dukte gehen in der Enterprise-Modeler-Komponente von Enter- prise Momentum auf.