Vom Entwurf bis zum Vertrieb

Produktdaten sind aktive Posten

12.06.2003
Von von Stefan
Product-Lifecycle-Management verspricht kürzere Entwicklungszyklen und eine qualitative Verbesserung der Geschäftsprozesse. Vor der Systemeinführung gilt es jedoch einige Fragen insbesondere organisatorischer Natur zu klären.

„Der mit Product-Lifecycle-Management (PLM) verbesserte Informationsfluss zwischen Technik, Marketing, Vertrieb und Service beschleunigt Abstimmungsprozesse und führt zu einer höheren Qualität der Ergebnisse“, lautet das Fazit der Berthold Hermle AG. Der Maschinenbauer aus Gosheim hat mit dem Wechsel von der 2D- zur 3D-Konstruktion das PLM Produkt „Teamcenter“ von EDS undzusätzlich die PLM-Lösung von SAPs „Mysap“-Portfolio eingeführt. Produktinformationen sind jetzt durchgängig vom ersten Entwurf über die Konstruktion bis hin zur Wartung der Maschinen verfügbar. „Die Suche nach den Zeichnungen bereits vorhandener Bauteile hat aufgehört“, berichtet Tobias Schwörer, Bereichsleiter Konstruktion und Entwicklung bei Hermle. Dies hat umso mehr Bedeutung, als die wirklich neuen Teile eines geplanten Produkts bei Hermle auf nur rund 20 Prozent veranschlagt werden.

„Unsere Fertigung kann nun sehr schnell qualifizierte Aussagen zu einem Bauteil treffen und Rückmeldungen an die Konstrukteure liefern - wesentlich früher, als es der konventionelle Prozess über Werkstattzeichnungen erlaubt hätte“, ergänzt sein Kollege Thomas Vögtle, der als CAD-Organisator auch für die Werksnormen zuständig ist. Trotz des Mehraufwands, der mit der 3D-Modellierung und der Pflege des PLM-Systems bei den Konstrukteuren anfällt, konstatiert Vögtle eine Verbesserung des Gesamtprozesses. So habe sich zum Beispiel in der Montage gezeigt, dass die Schnittstellen zwischen einzelnen Baugruppen auf Anhieb viel besser passen. Außerdem sei es deutlich leichter geworden, technische Änderungen oder Vorschläge von Seiten der Kunden in einem Produkt nachzuführen.

Mit konkreten Zahlen zur Einsparung von Zeit oder Geld kann man bei Hermle noch nicht aufwarten - Aussagen dazu gibt es ohnehin eher selten. Eine Ausnahme ist die in Traunreut ansässige Heidenhain GmbH, ein Hersteller digitaler Präzisionsteile für den Anlagen- und Maschinenbau. Die Einführung eines PLM-Systems des Anbieters Eigner aus Karlsruhe hat dort einen grundlegend neu gestalteten Produktentwicklungsprozess und damit signifikante Kosteneinsparungen in einigen technischen Bereichen zur Folge gehabt. Laut einer im vergangenen Jahr vorgestellten Fallstudie verkürzte Heidenhain die Bearbeitungszeit für technische Änderungen von vier Wochen auf einen Tag.

Komplexe Systeme verwalten

„Das Zusammenspiel von Konstruktion und Fertigung ist signifikant verbessert worden“, erklärt auch PLM-Projektleiter Michael Schacherer von der Firma Schmidt Winterdienst und Kommunaltechnik, die das SAP-Produkt „MysapPLM“ eingeführt hat.Dort geht es unter anderem um die Verwaltung von zirka 55 000 Zeichnungen, auf die alle Abteilungen Zugriff haben sollen.

Dass es notwendig ist, PLM-Strukturen einzuführen, wurde in großen Automobil- und Luftfahrtkonzernen schon vor zehn bis 15 Jahren erkannt - damals war überwiegend noch von Produktdaten-Management (PDM) die Rede. War es dort üblich, ein Produkt mit hunderttausend und mehr Einzelteilen zu verwalten, macht sich eine zunehmende Systemkomplexität nun auch verstärkt im Mittelstand breit.Dies liegt zum einen an den Produkten selbst, die neben ihren mechanischen Komponenten Komponenten auch Elektronik und die dazugehörige Software enthalten. Zum anderen bietet die 3D-Modellierung derart mächtige Entwicklungswerkzeuge, dass die Verwaltung der Geometrien und der dazugehörigen Informationen eine völlig neue Herausforderung darstellt.

Mittelstand noch am Anfang

Dennoch haben viele Mittelständler das PLM-Thema bislang eher stiefmütterlich behandelt. Nachdem jedoch die ERP-Standardisierung in den Betrieben eine gewisse Reife erreicht hat, gehen Experten davon aus, dass Product-Lifecycle-Management die Fertigungsindustrie in den nächsten fünf Jahrenmassiv beschäftigen wird. Betroffen sind neben der Automotive-Branche mit ihrer gesamten Supply Chain auch der Maschinen- und Anlagenbau sowie die Hersteller von Hightech- und medizinischen Geräten.

Ist die Bedeutung von PLM erkannt, stellt sich für viele Anwender die Frage, von welcher Seite aus sie dieses Thema angehen sollen. Schließlich werben drei Anbietergruppen um den Zuschlag: die CAx- und die ERP-Hersteller sowie Spezialisten, die ein plattformunabhängiges PLM-System im Portfolio führen. Ein namhafter Vertreter der Spezialisten ist die Firma Eigner mit deutscher Dependance in Karlsruhe. Martin Allemann, Vice President Europe bei Eigner, grenzt die Produktauswahl mit dem Hinweis ein, dass CAD-orientierte PLM-Syteme in erster Linie dann sinnvoll sind, wenn Anwender lediglich den Bedarf haben, ihre Daten nahe der Konstruktion im Umfeld eines einzigen CAD-Systems zu verwalten. Sobald die Informationen jedoch in umfassenderer Form vorliegen sollen, typischerweise über mehrere CAD- und andere dokumentenerzeugende Systeme hinweg, dann reichen die PLM-Funktionen eines eines CADHerstellers nicht mehr aus.