Integriertes IT-Konzept für den Maschinenbau

Produktdaten-Management mit PPS und Automation verbinden

09.06.2000
Im Maschinenbau überschneiden sich zunehmend die Aufgabenbereiche von Produktdaten-Management (PDM) und PPS. Eine redundanzfreie Datenhaltung und damit saubere Prozesszuordnung beziehungsweise -führung ist deshalb oft nicht mehr möglich. Dieter Lorenz* stellt ein Konzept vor, mit dem sich aus bewährten und ergänzenden Softwaremodulen ein integriertes IT-System individuell implementieren lässt.

Wie in allen produzierenden Gewerben, gehen die technologischen Abläufe auch im Maschinenbau vom Bereich Administration aus und werden von dort zur Entwicklung und weiter zur Produktion geleitet. Aus informationstechnischer Sicht vollzieht sich dabei ein geschlossener Datenfluss, ausgehend von internen Auftragsdaten über den Ressourcenplan, interne Fertigungsaufträge, NC-Daten, Betriebsdaten, Prozessmeldungen bis hin zu technisch orientierten und betriebswirtschaftlichen Auswertungen.

Eine klare Transparenz wird in diesem Konzept dadurch erreicht, dass die Arbeitsvorbereitung nicht, wie traditionell im Maschinenbau üblich, in der Produktion stattfindet, sondern bereits in der Entwicklung. Korrekterweise hätte sie schon immer dort angesiedelt sein müssen, denn die in diesem Bereich erstellten Arbeitspläne sind Daten, die eindeutig den Produktentstehungsprozess beschreiben. Folglich handelt es sich um Produktdaten, die im Produktdaten-Modell zu halten sind.

Durch die bereinigte Datenstruktur wird es möglich, vollständige Ressourcenpläne jederzeit aktuell zum Stand der Entwicklung aus den Produktdaten heraus zu erzeugen. Man erhält damit eine transparente und einfache Daten-Schnittstelle zwischen der Entwicklung und der Produktion, die es jetzt ermöglicht, bausteinartig integrierte Komplettsysteme aus bewährten sowie neuen Anwendungen maßgeschneidert aufzubauen.

Darüber hinaus bietet dieses Konzept die Flexibilität, einzelne Komponenten auch zu einem späteren Zeitpunkt jederzeit austauschen zu können, falls zwischenzeitlich leistungsfähigere Anbieter im Markt dies wünschenswert erscheinen lassen.

Im Folgenden sollen die Prozessabläufe in diesem Konzept aus informationstechnischer Sicht genauer dargestellt werden.

AdministrationDie Administration ist der Anfangs- und Endpunkt des Datenflusses in jeder Prozesskette im Maschinenbau. Ein Angebot wird kalkuliert und gelangt als Auftrag standardmäßig über den Vertrieb zurück in das Unternehmen. Es wird ein interner Auftrag erstellt und einschließlich der zugehörigen Dokumente an die Entwicklung geleitet. Während des Durchlaufs durch die Entwicklung und Produktion wird von den unterschiedlichen Prozessen auf die Daten der Administrations-Datenbank zugegriffen, zum Beispiel auf Kaufteildaten in der Konstruktion, auf Aufbaudaten in der Arbeitsvorbereitung, auf den Einkauf, die Lagerbestände und Logistik in der Produktion. Schließlich erfolgt dort ebenfalls die Finanzbuchhaltung und die Informationsbereitstellung.

EntwicklungIn der Entwicklung werden in bestimmter Reihenfolge verschiedene, voneinander unabhängige Kernprozesse durchlaufen. Dabei wird konstruiert, berechnet, die NC-Fertigung und der Arbeitsablauf vorbereitet. Es entstehen die Daten, die das Produkt beschreiben, also die Produktdaten (Stammdaten, Zeichnungen, 3D-Modelle, NC-Daten, Arbeitspläne, Funktions- und Festigkeitsnachweise etc.). In PDM-Systemen können diese Daten in Form der natürlichen, produktanalogen Baumstruktur in Datenbanken gespeichert werden.

Mit solchen Datenstrukturen lässt sich jedes Produkt in jedem Maschinenbauunternehmen organisch und transparent abbilden. Da auch die einzelnen Stammdatensätze der Baugruppen und Einzelteile getrennt am jeweiligen Zweig der Datenstruktur abgelegt sind, werden Stücklisten immer neu aus der Struktur generiert und sind damit jederzeit absolut aktuell. Gleiches gilt für Kalkulationspreise, die aus diesem Bereich bereitgestellt werden.

Wenn derartig organisch aufgebaute Datenmodelle für die Entwicklung gewählt werden, bedarf es im PDM im Normalfall keiner weiteren firmenspezifischen Anpassungen. Man verfügt dann über ein System, das sich mit großer Flexibilität und sehr individuell für jedes Vorhaben einsetzen lässt.

Soll ein Artikel produziert werden, so wird von der Arbeitsvorbereitung in der Entwicklung der erforderliche Ressourcenplan jeweils auftragsbezogen neu generiert. Der Plan erhält damit die Funktion einer vollständigen und verbindlichen Daten-Schnittstelle von der Entwicklung zur Produktion. Bei diesem Vorgang erfolgt außerdem immer ein erneuter Abgleich mit der Kaufteildatei.

ProduktionsplanungDie Ressourcenpläne bestehen als Produktionsaufträge aus einer Vielzahl von internen Teilaufträgen. Sie lösen im Einkauf, in der Fertigung und in der Montage systemgesteuert Vorgänge aus. In der Produktionsplanung befinden sich in der Regel immer etliche Ressourcenpläne in einer Warteschlange. Der Planer kann allerdings aufgrund dieser Produktionsdaten einen Ablauf vorab simulieren, optimieren, einen Auslastungsabgleich vornehmen, Kostenprognosen erstellen und während der Produktion gezielte Maßnahmen bei Maschinenausfällen und Ausschussfertigung ergreifen.

Produktionssteuerung und FertigungNach dem prozesstechnischen Start eines Fertigungsschritts wird dieser über die zugehörige Route an die dafür vorgesehene Fertigungsmaschine oder den entsprechenden Montageplatz geleitet. Dort erfolgt der eigentliche Bearbeitungsprozess mit Hilfe der lokal bereitgestellten Steuerdaten. Gleichzeitig herangeführte Text- und Grafikdokumente erlauben es dem Maschinenführer, sich der angebotenen Arbeitsanweisungen zu bedienen. Mit diesem Vorgang auf der Fertigungsebene ist in der Regel jeder interne Fertigungsauftrag im Produktionsprozess abgearbeitet, und der betreffende Datensatz wird danach gelöscht.

ScadaBei der Fertigung und Montage am Ende der Prozesskette entstehen die Betriebsdaten. Dabei handelt es sich um Informationen über Rüstzeiten, Stillstände, Arbeitsgänge, Materialien, Qualitätswerte, Ausschussaufträge, Maschinenzustände etc., die durch Supervisory Control and Data Acquisition (Scada) von Betriebsdatenerfassungsstellen (BDE) laufend abgerufen und kontinuierlich in einer Datenbank erfasst und ausgewertet werden. Sie liefern aktuelle Informationen etwa in Form von Alarmlisten, Maschinen- und Auftragszuständen an den Planer, Maschinenführer, Gruppenleiter, Produktionsleiter und die Instandhaltung.

Neben diesen Daten lässt sich aber auch der Maschinenaufbau und der jeweils aktuelle Verlauf der Routen als Prozessbild schematisch darstellen. Technische und betriebswirtschaftliche Online-Auswertungen können individuell nach den Zielsetzungen des Unternehmens konzipiert werden und dienen als wichtige Informationsquelle für das Management.

Da sich der Informationsfluss in der Administration lückenlos schließt, lassen sich an dieser Stelle wertvolle Soll-Ist-Vergleiche anstellen. So kann der Unternehmer jederzeit abrufen, wie profitabel beliebige Aufträge abgewickelt wurden.

Die SystemkonfigurationJe nach Anzahl der Arbeitsstationen und dem Leistungsbedarf der Applikationen lassen sich maßgeschneidert für das Unternehmen beliebige Systemkonfigurationen aus bestehender und eventuell zu ergänzender Hardware zusammenstellen.

*Dr.-Ing. Dieter Lorenz arbeitet als Unternehmensberater in München (dieter.e.lorenz@gmx.de).

Abb.1: IT-Prozess

Das Diagramm zeigt den typischen Fluss technischer Daten in der Maschinenbau-Branche. Das Besondere des hier vorgestellten Konzepts ist, dass die Auftragsvorbereitung nicht, wie sonst üblich, in der Produktion stattfindet, sondern bereits in der Entwicklungsphase und damit Produktdaten beschreibt. Quelle: Lorenz

Abb.2: Systemkonfiguration

Die Systemkonfiguration besteht aus einem separaten Entwicklungs-, Administrations-, Produktions- und System-Server und lässt sich je nach Größe des Unternehmens individuell zusammenstellen. Quelle: Lorenz