"Privat- und Berufsleben verschmelzen"

13.09.2006
Von 
Heinrich Vaske ist Editorial Director a.D. von COMPUTERWOCHE, CIO und CSO.

CW: Auch IBM kommt gelegentlich nicht darum herum, die Mitarbeiter in Arbeits- und Projektgruppen an einen Tisch zu holen. Wie organisieren Sie das?

KRAUSE: Natürlich sind Treffen wichtig, schon um zu wissen, mit wem man es zu tun hat. Wir haben uns viele grundsätzliche Gedanken zum Mobile-Computing gemacht - auch darüber, wie man die flexible Arbeitsanforderung mit dem, was man im sozialen Bereich erreichen will, unter einen Hut bringt. Es fängt an mit den mobilen Möglichkeiten - was bedeutet mobiles Arbeiten, und wo ist es sinnvoll? Dann geht es um die technischen Komponenten wie E-Mail und Instant-Messaging.

Auf der Management-Ebene stehen Fragen zur Führung in einer mobilen Welt im Vordergrund: Wie kann man Beziehungen aufbauen etc. Da gehört selbstverständlich dazu, dass man sich auch mal physisch trifft, um einfach den sozialen Kontakt herzustellen. Nur dann erhält man die gewünschte Effektivität und Effizienz in der mobilen Arbeit. Ist die Vertrauensbasis da, kann man sich über die elektronischen Medien leichter unterhalten. Mitarbeiter, die in flexiblen Arbeitsumgebungen arbeiten, finden sich auch immer wieder in ihrer Gruppe zusammen und tauschen sich aus.

CW: Mobile Computing dürfte auch für Ihr Management Veränderungen mit sich gebracht haben. Ist ein anderer Führungsstil erforderlich? Hat sich Ihre Firmenkultur verändert?

KRAUSE: Als amerikanisches Unternehmen hat man ohnehin schon in die Wiege gelegt bekommen, dass man viel ausprobiert und eigene Technologien sofort anwendet. Ich will nicht sagen, dass wir damit spielen, aber wir sind schnell dabei, Neues intern zu evaluieren und anzuwenden. Wir testen auch Betaversionen bei Mitarbeitern, die sich der Technologie besonders verschrieben haben, und erhalten somit schnell gezieltes Feedback. Insofern war unsere Kultur immer von solch innovativen Aspekten geprägt.

Als wir das Thema mobiles Arbeiten begannen, mussten wir unsere Führungskultur natürlich etwas umstellen. Hier hat uns geholfen, dass in den USA schon Erfahrungen bestanden. So konnten wir im Austausch mit den US-Kollegen auf deren Best Practises zurückgreifen. Insofern glaube ich, dass die Herausforderungen für das gehobene Management eher gering waren.

CW: Inwieweit geht es bei der Flexibilisierung der Arbeit ums Geld? Sie kommen auf der mittleren Management-Ebene doch sicher mit weniger Leuten aus, können Büroraum sparen - also die Kosten senken.

KRAUSE: In den Umbau der Stuttgarter Hauptverwaltung in einen E-Place haben wir viel investiert, andererseits profitieren wir aber auch von der besseren Nutzung des vorhandenen Platzes. Durch größere Büroeinheiten ist mehr Fläche entstanden, und Ressourcen werden besser genutzt. Insgesamt konnte durch das neue Konzept der Anteil der Liegenschaftskosten um 40 Prozent gesenkt werden. Auf der anderen Seite stehen die höheren Kosten für die elektronische Ausstattung der Mitarbeiter. Per saldo liegt die Kosteneinsparung in der Stuttgarter Hauptverwaltung bei rund 25 Prozent.

Der Kostenvorteil ist aber generell eher in der Effektivität und Effizienz der Arbeit zu suchen. Man kann übrigens mitnichten davon sprechen, dass Management-Positionen wegfallen würden, denn es hat sich ja nichts an der Vielfalt der Führungsaufgaben geändert.