Minimaker kämpft mit flauem US-Markt und Computervision-Deal:

Prime trägt schwer an CAD/CAM-Primusbürde

26.08.1988

NATICK/MASS.(IDG/bk) - Kleine Brötchen backt derzeit der amerikanische Minimaker Prime Computer: Im dritten Quartal des laufenden Geschäftsjahres rechnet das Unternehmen mit deutlich schlechteren Einnahmen als prognostiziert.

Um mehr als 20 Prozent, so verkündeten bereits jetzt Sprecher des Minimakers, werde der Gewinn am Ende des dritten Quartals unter der Wallstreet-Prognose liegen. Beim Umsatz müsse man mit einem Rückgang von zwei bis fünf Prozent rechnen gemessen an den 408 Millionen Dollar des zweiten Quartals. Erste Maßnahmen hat Prime bereits in die Wege geleitet. President und Chief Executive Officer Joe M. Henson erklärte: "Weltweit besteht ab sofort ein Einstellungsstop." Er werde erst aufgehoben, wenn sich die Umsatzzahlen wieder besser lesen. Darüber hinaus wolle man kostenintensive Projekte vorerst hinausschieben.

Ein Personalabbau ist nach Auskuft von Unternehmenssprecher Jae Gavaghan allerdings nicht geplant. Im Zuge der Übernahme von Computervision hatte Prime Anfang des Jahres die Kürzung von rund 700 Arbeitsplätzen beschlossen. "Gehen mußte jedoch bislang noch kein Mitarbeiter", betont Ute Zimmermann ven der deutschen Prime-Tochter in Wiesbaden. Zwar sei man dabei, die durch die Fusion entstandenen doppelt besetzten Arbeitsplätze abzubauen. Die betroffenen Mitarbeiter versuche man jedoch in anderen Abteilungen unterzubringen.

Einen Grund für die derzeitige Unpäßlichkeit des Minicomputerherstellers sehen US-Analysten in der anhaltenden Absatzmisere auf dem inländischen Minimarkt. Immer mehl Kunden sattelten vom Minicomputer auf die zunehmend leistungsfähigeren PCs oder die billiger gewordenen Workstation um. Mit dieser Entwicklung, so Analyst Shao Wang von Smith Barney, Harris Upham & Co., müßten jedoch alle Minimaker fertig werden. "Die traditionellen Minicomputer-Marktführer - Digital Equipment, Hewlett- Packard, Prime, Data General, Wang - sind allesamt sehr damit beschäftigt, ihre Produktlinien umzustrukturieren." So habe beispielsweise DEC vor kurzem einen Angriff auf den Workstation-Markt im High- und Low-End-Bereich unternommen.

Primes Maßnahme, so Wang weiter, sei es gewesen, Computervision zu kaufen, um seine CAD-Aktivitäten zu konzentrieren. Doch jetzt müsse der Minicomputerhersteller erst einmal die durchgeführten Umstrukturierungen im Vertrieb verkraften. Dies sei ein weiterer Grund für das schwache dritte

Quartal. Noch schwerer ins Gewicht fiele jedoch "ein kräftiges Sommerloch in Europa". Gerade vom europäischen Markt sei der amerikanische Minihersteller zunehmend abhängig. Prime-Sprecherin Zimmermann aus Wiesbaden sieht dennoch keinen Anlaß zur Sorge: "Fusionieren zwei Unternehmen, gibt es immer Probleme, bis die neue Organisation greift. Und - eine flaue Phase im Sommer hat wohl jedes Unternehmen."

Hewlett-Packard liefert indes den Gegenbeweis. Das Unternehmen konnte unlängst für das dritte Quartal eine Umsatzsteigerung von 19 Prozent und einen Gewinnsprung von gar 30 Prozent gemessen am vergleichbaren Vorjahreszeitraum bekanntgeben. Allerdings hatte auch HP eine magere Ordertätigkeit im Inland aufzuweisen. Während die Aufträge im Ausland um 27 Prozent stiegen, wuchsen sie in den USA noch nicht mal um ein Prozent. US-Marktforscher Timothy McCollum, in Diensten der Dean Witter Reyno]ds Inc., erklärte denn auch in Anspielung auf die Prime- und Hewlett-Packard-Ergebnisse: "Sicher erleben wir derzeit einen radikalen Umbruch - weg vom Mini, hin zu Workstations und PCs". "Doch dies muß nicht bedeuten, daß ein Mini-Hersteller kein gutes Geschäft machen kann."